Dinge anders machen - Über den Versuch in Verbindung zu treten


Prolog

 

Hallo ihr lieben Menschen,

habt ihr euch schon mal gefragt, wie es wäre, ohne eure Sprache aufgewachsen zu sein? Alle Namen und Worte ohne jegliche Bedeutung und nur als bloße Geräusche wahrnehmbar. Das Tier Mensch in seiner kulturell unvorbelasteten Reinform. Ihr wärt dadurch ja nicht weniger intelligent, eure Gefühle nicht weniger intensiv und eure grundsätzlichen Bedürfnisse immer noch dieselben. Ich frage mich nicht selten, ob ohne das ständige Störfeuer von Worten in Gedanken nicht eine ganz andere Klarheit in uns zum Vorschein käme. Manchmal, wenn ich die Leute um mich herum beobachte, kann ich ihr Handeln als Tier wesentlich besser verstehen als den Menschen, mit all seiner Bildung, Erziehung und Konditionierung. Und dann gibt es da noch die Momente in denen ich selbst mit meiner eigenen Sprache an Grenzen stoße und nur noch körperlich reagieren kann. Verquerer Weise ist aus genau so einer Situation heraus dieser Text entstanden.

Mitte 2020 haben mich meine Freunde vom Hamburger mairisch Verlag gefragt, ob ich mir nicht vorstellen könnte, ein Buch über all das zu schreiben, was ich in den beiden Jahren zuvor erlebt hatte. Ich bin eigentlich Musiker, mache das Ganze seit mehr als einem Jahrzehnt beruflich und war vor allem unter meinem alten Pseudonym „Spaceman Spiff“ relativ erfolgreich. „Erfolgreich“ im Sinne von es gibt Videos von mir mit mehreren 100 000 Klicks auf YouTube, eine mindestens zweistellige Anzahl von Menschen hat sich meine Textzeilen auf diverse Körperteile tätowieren lassen und mein Publikum zahlt auch mal einen Zwanni für ein Konzertticket. Für einen Musiker aus dem Indie-Bereich ist das schon ein ziemliches Privileg und man hätte, neudeutsch ausgedrückt, durchaus sagen können: „Läuft bei mir!“ Aber dann hab ich vor inzwischen gut drei Jahren beschlossen, alles umzukrempeln, meinen Künstlernamen abzulegen und meine Musik nur noch zu verschenken. Daher also die Frage nach dem Buch, die ich übrigens direkt verneint habe, weil ich mir beim besten Willen nicht vorstellen konnte, einen so langen Text zu schreiben, schon gar nicht über mich selbst. So wichtig wollte ich mich dann doch nicht nehmen und wenn überhaupt solle das doch besser jemand anderes mit einem Blick von außen machen.

Ein gutes halbes Jahr später sitze ich nun da und schreibe. Weil mich etwas aus der Bahn geworfen hat und ich die dringende Notwendigkeit verspüre, mich zu sortieren. Selbst wenn es nur für mich sein sollte und die Allgemeinheit das Ganze nie zu Gesicht bekommen würde. Die Tatsache, dass ihr diese Zeilen hier lest lässt vermuten, dass ich mich schlussendlich doch dagegen entschieden habe die Allgemeinheit da rauszulassen (auch wenn es am Ende kein Buch geworden ist) und wo ihr schonmal hier seid, möchte ich euch noch zwei kleine Infos mit auf den Weg geben.

- Der folgende Text nimmt keine Rücksicht auf eine chronologische Reihenfolge. Für das was ich da vorhatte, schien es mir sinnvoll, mich dem „Stream of Consciousness“ hinzugeben. Es kann sein, dass der rote Faden sich dadurch
zeitweise scheinbar in einem Flickenteppich verliert, aber ich kann versprechen, dass am Ende alles Sinn ergeben wird. Zumindest hat es das für mich. Vielleicht wirken manche Passagen auch ein bisschen sperrig und verkopft. Ich habe mich aus Gründen der Authentizität bewusst dazu entschieden, sie so zu belassen, weil ich hier ja vor allem meine Gedankenwelt offenlegen möchte.

- Direkt nach den ersten Kapiteln ist mir aufgefallen, dass ich gerade eigentlich zwei verschiedene Texte schreibe, die sich aber an einigen Stellen überschneiden. Deshalb hat dieser Essay zwei Enden bekommen. Das erste Ende behandelt das, was ich euch mitteilen möchte. Beim zweiten dürft ihr mich dabei beobachten, wie ich mir selbst etwas mitteile.

Danke schon mal, dass ihr euch die Zeit nehmt und gute Reise.

Titelbild: Mara Wild
Titelbild: Mara Wild

 

1. Auf einer Pizza in Amsterdam

Ich sitze an einer Gracht in Amsterdam und lache Tränen. Es ist ein befreiendes Lachen, tief und körperlich. Als hätte jemand in meinem Innersten ein Schleusentor geöffnet und den angestauten Gefühlen freien Lauf gelassen. Gefühle die genauso gut auch durch ein ebenso tiefes und körperliches Heulen hätten an die Oberfläche gebracht und abtransportiert werden können, aber so eben mit schallendem Gelächter in die Nacht hinaus gespült werden.

Diese Erinnerung stammt aus dem Jahre 2012. Es war Anfang März und wir waren zu dritt unterwegs, auf einer Tour für das Goethe Institut durch die Niederlande. Fast genau ein Jahr zuvor hatte ich mein zweites Album „... und im Fenster immer noch Wetter“ veröffentlicht. Seitdem konnte ich auf die Frage „Joa, und was machst du so beruflich?“ mit „Ich bin Musiker“ antworten, ohne mir dabei irgendwie bescheuert und überheblich vorzukommen. Der große Traum, meine Leidenschaft zum Beruf zu machen, den ich eigentlich ein paar Jahre zuvor schon mal verworfen hatte, war also unverhofft doch noch Wirklichkeit geworden und wahrscheinlich war es auch das, was mir seit dem Sommer zuvor auf eine sonderbare Art und Weise das Leben schwer machte. Auf der einen Seite das Abenteur zu genießen und eigentlich wahnsinnig dankbar und glücklich sein zu wollen, auf der anderen Seite aber nicht zu wissen wohin mit sich selbst, nachdem doch alles erreicht war.

Ist ein Ziel, das ich erreiche, ein Ziel, das ich verlier'?
Man kann nur mittelmäßig malen auf einem vollen Blatt Papier.
Ich war immer Bergsteiger, doch dieses Land ist scheiße eben.
Bau ich einen Berg, oder lern ich hier zu leben?

Und all die fleißigen Gedanken richten mehr an
als sie begreifen können
Sie kochen über irgendwann

Dies hatte ich ein paar Monate vor dem Abend in Amsterdam auf einen Zettel geschrieben, und ahnte damals nicht, dass mich dieselben Fragen über die ewige Getriebenheit noch ein Jahrzehnt später beschäftigen würden. Die eigenen Denkmuster, die das unscheinbare Wörtchen „genug“ und die damit verbundene Lebenseinstellung immer nur erahnt, aber nie erlernt haben.

Zwischen dem so wundersamen Aus-der-Welt-Sein auf Tour, hatten sich immer wieder die bleischweren Tage zu Hause eingereiht. Konzerte in der ganzen Republik, ein Auftritt auf dem Dockville Festival, und eine Einladung nach Island gaben sich die Hand mit 7 Kilo Gewichtsverlust, Darmspiegelung und einer Panikattacke in einem Supermarkt, über die ich anschließend nie ein Wort verlor. Die Goethe-Tour durch die Niederlande versprach wieder eine Woche auf der guten Seite der Medaille zu werden und ohne den Moment an der Gracht wäre das Auf-und-ab-Spiel wohl noch eine ganze Weile so weiter gegangen.

Wir hatten einen freien Abend, den wir in der Hauptstadt verbringen durften und mein Kumpel Finn war schon ein paar Tage zuvor mit dem Vorschlag um die Ecke gekommen, uns doch in einem der Coffeeshops ein paar Pilze zu besorgen und anschließend ein bisschen um die Häuser zu ziehen. Nachdem ich von sämtlichen Drogen immer weitestgehend die Finger gelassen hatte (die Gelegenheiten bei denen ich mal irgendwo mitgekifft habe kann ich an der Hand abzählen und bis zum heutigen Tag hab ich noch nie an einer Zigarette gezogen) bäumte sich meine innere Skepsis kurz auf, nur um dann in Windeseile von meiner Neugier rechts überholt zu werden. Und so stand ich irgendwann da, wie ein kleiner Junge im Süßigkeitenladen, ein kleines buntes Kästchen mit ein paar Knollen in den Händen und im Bauch das Gefühl, gleich etwas Aufregendes, Verbotenes zu tun.

Es fühlte sich einfach nur schön an. Ein warmer Rausch, in den man seinen Verstand mitbringen durfte und nicht wie beim Trinken irgendwann am Flaschenhals abgeben muss. Am Anfang war das alles vor allem ziemlich albern und lustig. Ich war überzeugt davon, dass Finn auf einmal wie eine Zeichentrickfigur durch die Gassen lief, voller Elan und mit völlig übertriebenen Bewegungen. Ich stellte mir vor, dass er dabei die dicken weißen Handschuhe von Mickey Mouse trug, fröhlich pfeifend und mit ausgefahrenen Ellbogen. Außerdem schien es für uns beide völlig unbegreiflich, dass Daniel, der dritte im Bunde, es fertig brachte für uns drei mit ernster Miene in einem Imbiss Pizza zu bestellen, obwohl doch gerade alles so unfassbar witzig war. Vielleicht lag es daran, dass ihm die Sache nicht ganz so geheuer war und er sich direkt nach dem Verspeisen der Pilze, noch bevor sich die Wirkung richtig entfalten konnte, eine riesige Tasse heiße Schokolade organisiert hatte, weil das den Rausch angeblich ein bisschen abmildern soll. Ein schokoladiger Hauch von Kontrolle.

Auf den absoluten Blödsinn folgte eine wohltuende Ausgelassenheit, auf der wir uns im Trio mit unseren vollen Pizzabäuchen durch sämtliche Gassen und Winkel der Stadt treiben ließen. Eine Welt aus Lichtern, Farben und Reflexionen, die eigentlich schon immer da gewesen war und für die ich nun endlich Augen hatte. Es war wie gesagt Anfang März und muss daher irgendwann ziemlich frisch geworden sein, aber meine Erinnerungen bestehen darauf, dass es sich damals eher wie eine laue Sommernacht angefühlt hat. Immer dabei war einer der drei riesigen Pizzakartons, den Daniel wie unser persönliches Maskottchen unter dem Arm geklemmt durch die Straßen trug. Aus irgendeinem Grund hatten wir beschlossen, ein letztes Stück Pizza aufzuheben: „Für später, wenn wir müde und hungrig sind!“ Der Karton wurde zu einer Mischung aus Running-Gag und noch einzulösendem Versprechen. Wie ein I-Tüpfelchen, das nur darauf wartete am Schluss über den vollendeten Abend gepinselt zu werden. Es müssen mindestens drei oder vier Stunden gewesen sein, in denen wir uns so in das Leuchten der Nacht fallen ließen. Aber Zeit spielte in diesem Moment sowieso keine Rolle.

Irgendwann fanden wir uns in einer ruhigen Ecke auf einer Bank am Rande eines Kanals wieder. Ich spürte eine Müdigkeit in mir hochklettern, die sich nicht komplett von Wärme unterscheiden ließ und meine Beine waren selten so angenehm schwer gewesen. Ich war also endlich bereit, dem Moment, mit dem wie einen Schatz gehorteten Stück Pizza, die Krone aufzusetzen. Ich beugte mich nach vorne, öffnete den Karton, der vor mir auf dem Pflaster lag, mit großer Geste, musste kurz schmunzeln, dann kichern und brach schließlich in schallendes Gelächter aus. Es braucht, denke ich, nicht allzu viel Vorstellungskraft um sich auszumalen, was mit dem Inhalt eines Pizzakartons passiert, wenn dieser für drei Stunden senkrecht durch die Gegend getragen wird und zwischendurch alle zwanzig Minuten euphorisch die Achsel wechselt. Da lag er nun also vor mir, dieser mickrige Fetzen aus Teig und Käse in seiner maximalen Unbedeutsamkeit. Irgendwie schaffte es mein Gehirn, dieses Bild auf mein komplettes Dasein zu übertragen und ich fühlte mich Verbunden. All die negativen Gefühle und Abgründe, um die ich in den letzten Monaten so ein Aufheben gemacht hatte, die mich so dermaßen dominiert und vor sich hergetrieben hatten. Sie spiegelten sich im Inhalt des Pizzakartons und der absurden Wichtigkeit, die wir ihm beigemessen hatten wider. Die Ironie der ganzen Situation war für mich so überwältigend, dass ich nicht mehr an mich halten konnte. Aus dem Schreckgespenst meiner Depression war ein armseliges Stück Pizza geworden und ich lachte die beiden aus ganzem Herzen aus. Ein erlösendes Lachen, minutenlang, genährt von allem, was sich in mir angestaut und so dermaßen verkeilt hatte. Ich lachte so laut und lange, bis meinen Tränendrüsen die Flüssigkeit ausging und mein Zwerchfell kraftlos, aber im Bewusstsein, seine Arbeit verrichtet zu haben den Dienst einstellte. Das war der Moment an dem ich gelernt habe, dass man Ruhe und inneren Frieden völlig unerwartet an den sonderbarsten Orten finden kann.

Meine Depression, die Magenschmerzen und die Schwere waren natürlich nicht auf einen Schlag verflogen, aber der Augenblick an der Gracht markierte unbestreitbar einen Wendepunkt. Immer wenn mich in den folgenden Wochen die alten Dämonen einzuholen drohten, dachte ich an das Stück Pizza – und es half tatsächlich. In einem „Out of the Box“-Moment, hatte ich es geschafft, den Gedankenkreislauf zu durchbrechen, einen Schritt zurück zu gehen und meine Situation aus einem neuen Blickwinkel zu betrachten.

Was da mit mir passiert ist, war tatsächlich kein verrückter Zufall. Schon in den 60er-Jahren wurde in den USA im psychiatrischen Bereich mit Psilocybin, dem Wirkstoff in psychoaktiven Pilzen, experimentiert, weil sich damit vielversprechende Ergebnisse in der Behandlung von Depressionen erzielen ließen. Nachdem Halluzinogene, allen voran LSD, aber ein Symbol linker Gegenkultur waren, hatte die wissenschaftliche Arbeit mit ihnen einen schweren Stand, sodass 1966 ein Verbot in den Vereinigten Staaten und ein Jahr später in Deutschland folgte. Aktuell wird die Wirkung von Psilocybin auf Patient*innen wieder aktiv erforscht und die Ergebnisse sind bemerkenswert. Neben Erfolgen in der betreuten psychotherapeutischen Anwendung, bei der Behandlung von Angstzuständen, schweren Depressionen und Zwangsstörungen hat sich herausgestellt, dass der Wirkstoff bei Menschen zu einer größeren Verbundenheit gegenüber der Natur, der eigenen Umgebung und nicht zuletzt auch dem eigenen Selbst führt. Gleichzeitig sorgt eine gesteigerte Offenheit dafür, dass die Proband*innen sogar anfangen politisch liberaler und antiautoritärer zu urteilen. Aber bevor das hier zu einer Abhandlung über Medikamente und Drogenpolitik wird … Worauf ich eigentlich hinaus Wollte: Unter den Forscher*innen, die sich mit psychoaktiven Medikamenten befassen, kursiert eine schöne Metapher, die ich ziemlich treffend finde.

Man muss sich den eigenen Geist als einen schneebedeckten Hügel vorstellen. Unsere Gedanken sind wie Schlitten, die den Berg hinunterfahren und je älter wir werden, desto häufiger nehmen wir dabei immer und immer wieder den selben Weg. Die Spuren, die die Kufen hinterlassen sind irgendwann so tief, dass wir am Ende überhaupt nicht mehr außerhalb der vorgeschriebenen Rillen den Hügel hinunterkommen können. Psychoaktive Substanzen sind wie Neuschnee. Sie füllen die alten Spuren auf und geben uns die Möglichkeit, eine alternative Route zu nehmen. Unsere festgefahrenen Gedanken anders zu denken.

Aber warum erzähle ich das alles hier? Ich bin fasziniert von der Idee, eingefahrene, mentale Muster verlassen zu können und neben mir selbst kenne ich so viele Menschen die sich in der einen oder anderen Rille festgefahren haben und denen ich so ein bisschen Neuschnee von tiefem Herzen wünschen würde. Ich habe natürlich nicht vor, einen Großteil der Bevölkerung einfach unter psychoaktive Drogen zu setzen (obwohl das sicher mal ein spannendes Experiment wäre), sondern möchte vielmehr die Hügel-Metapher noch ein Stück ausweiten. Wir sind alle Teil einer Gesellschaft, deren Individuen sich zunehmend von sich selbst entfremden und in der es an tiefen Verbindungen zur Außenwelt mangelt, sei es im Umgang mit der Natur, oder in der Fähigkeit sich in Mitmenschen hineinzuversetzen und ihnen gegenüber Solidarität zu empfinden. Depressionen waren nicht umsonst bereits vor der Corona-Pandemie die Volkskrankheit Nummer eins. Was den Zustand von Depressivität neben der eben genannten Abwesenheit von Verbundenheit vor allem ausmacht, ist das Nicht-fähig-sein aus den immer gleichen Denkmustern und mentalen Teufelskreisen auszubrechen. Genau diese lähmende Festgefahrenheit findet sich auch in unserer Unfähigkeit wieder, unser Gesellschaftsmodell neu zu denken. Entgegen jeder Rationalität und der wissenschaftlichen Erkenntnis, dass unsere Praxis und der Lebensstandard im globalen Norden, sowie der damit verbundene Ressourcenverbrauch, mit einem stabilen Öko- und Sozialsystem nicht vereinbar sind, tun wir uns wahnsinnig schwer dabei, grundsätzliche Verhaltensmuster und Denkweisen zu ändern oder auch nur zu hinterfragen. „Es ist einfacher, sich das Ende der Welt vorzustellen als das Ende des Kapitalismus“, stellte der Kulturwissenschaftler Fredric Jameson schon im letzten Jahrhundert fest und trifft damit noch immer den Kern des Problems. Die Spuren, die ein auf Lohnarbeit, Konsum, stetiges Wachstum und Gewinnmaximierung fixiertes Wirtschaftssystem in den letzten 150 Jahren in unseren Köpfen hinterlassen hat, sind einfach zu tief geworden und was mich umtreibt, ist die Frage, woher der Neuschnee kommen soll, der uns das Auffüllen ebenjener Rillen, und damit ein so dringend notwendiges „anders Denken“, überhaupt wieder ermöglicht.

Ich bin weder Psychologe, noch Sozialwissenschaftler und es fühlt sich zugegebenermaßen ein wenig vermessen an, wenn ich mich als Popmusiker und Songwriterschluffi solch komplexen und tiefgreifenden Themen in einer Textform nähere, die erstmal recht wenig mit dem was ich sonst so mache (nämlich vor allem traurige Lieder schreiben) zu tun hat. Ich glaube aber, dass ich in den letzten drei Jahren mehr oder weniger versehentlich ein paar neue Schlittenrouten in meinem Gehirn freigelegt habe. Nicht von einem Tag auf den nächsten, sondern ganz langsam und stetig über viele Monate hinweg. Das ist das, wovon ich euch auf den folgenden Seiten gerne erzählen möchte, in der Hoffnung, dass meine praktischen Erlebnisse der Einen oder dem Anderen vielleicht irgendetwas geben können. Ein kleiner Erfahrungsbericht über die Feststellung, dass man mit Veränderungen im eigenen Handeln mittelfristig auch das eigene Denken aus der Verkeilung lösen und neu justieren kann.
Das Hineingeboren-werden und Aufwachsen in einer Welt, die von mir vor allem erwartet, zu funktionieren und immer weiter über mein jetziges Ich hinaus zu wachsen, um mich dem allgegenwärtigen Konkurrenzdruck stellen zu können, hat aus meinem Gedankenhügel ein vollausgebautes Skigebiet mit den immer gleichen Pisten gemacht, auf denen ich unentwegt um die Wette ins Tal rase. Ein ewiges Auf und Ab mit einem unwiderstehlichen Sog und einem sich
niemals ändernden Ausblick. Und dann fing es auf einmal an zu schneien.

 

2. Einfach mal nicht belogen werden

Stopp, halten wir mal für einen Moment inne. Das wird so nicht funktionieren.

Zwei Wochen später lese ich das erste Kapitel und fühle mich schon nicht mehr so richtig wohl damit. Selbst meine eigene Depression, die ich damals noch nicht mal als eine solche erkannte, ist nicht davor sicher, für einen Text ausgeschlachtet und dem „höheren Zweck“ untergeordnet zu werden. Degradiert für eine Kapitalismus-Metapher und ins Schaufenster gestellt um die höchstmögliche Authentizität zu garantieren. Ich hatte auch schon ein zweites Kapitel geschrieben. Einen autobiographischen Ritt durch die letzten zwei Dekaden meines Musikerdaseins. Höhen und Tiefen, angereichert mit einer gesunden Prise Selbstironie, der einen oder anderen Songzeile und ein paar netten Anekdoten. Jede Geschichte braucht ihren Protagonisten und wer interessiert sich schon für die Geschichte, wenn man sich dem Protagonisten gegenüber nicht verbunden fühlt - und ich war doch schon immer der nahbare Typ von nebenan. Ich habe das letzte Jahrzehnt damit zugebracht, die Contenance zu wahren und gerade so viel Dunkelheit hervorscheinen zu lassen, dass der Grundton meiner Texte nicht drohte ins pessimistische zu kippen. Einfach, damit ich am Ende noch die Kurve kriegen und das Lied, den Essay oder den Podcast mit einem Hoffnungsschimmer abschließen konnte. Nicht, dass ich mich dafür im großen Maße verstellen musste. Ich bin ja wirklich eher so der optimistische, gesellige Typ und versuche seit jeher meine Unsicherheiten mit Humor zu überspielen, Rückschläge immer sofort zu akzeptieren und den schmerzvollen Part auf Seite zu schieben, anstatt zu reflektieren und die Gefühle zuzulassen. Ich glaube, das hat mich in einen Modus gebracht, der letztendlich die dunkelsten Ecken verdrängt, eine Panikattacke in einem Supermarkt nicht weiter hinterfragt, mit einer ausgewachsenen Depression nicht zum Psychologen geht und die untere Seite der eigenen Emotionen nur in Songs kanalisieren kann. Zwischen den Zeilen hat man das alles wohl schon immer erkennen können. Witzigerweise war es ein Psychotherapeut aus Bielefeld, der mir neulich die folgenden Sätze zu meinem Album „Endlich Nichts“ geschrieben hat:

Das ganze Album ist einfach durchzogen von dem, was ich bei Menschen am allermeisten mag: Ambiguitätstoleranz. Diese Leichtigkeit, mit der sich der Schwermut über alles legt (also genau dahin, wo er hingehört), das ist so angenehm. Und wenn man sich als Endvierziger joggend durch den Wald schleppt und die Running-App einem freundlich sagt, dass man 57 Sekunden hinter seiner Durchschnittszeit liegt, und wenn man dann noch dieses Album hört, dann kommt so ein Gefühl: Wie wohltuend, mal nicht angefeuert, nicht bestätigt, nicht beschönigt, nicht be-daswirdschon-t - sondern einfach nur nicht belogen zu werden!

 
Ich würde am liebsten alles und jeden belügen - nach Strich und Faden. Allen voran mich selbst. Aber da ist so viel Wut, Enttäuschung und Überforderung zwischen all der Hoffnung, dass ich das Gesamtpaket nicht länger in versöhnliche Geschichten umwandeln kann. Keine Sorge, wir kommen noch zurück zum Neuschnee und zum optimistischen Realismus, aber vielleicht müssen wir vorher den ein oder anderen Umweg nehmen.

Wahrscheinlich passt dieser Beschönigungsdrang ganz gut in eine Welt, in der man sich einer durchgehenden Bewertung von außen unterzieht. Wir stehen unter ständiger gegenseitiger Beobachtung und koppeln unser Selbstwertgefühl an das Bild, das Andere von uns haben könnten. Unsere Karrieren, Klamotten und Hobbys, ermöglichen uns eine eigene Identität zusammenzuschrauben, mit der wir uns anschließend vor die Tür trauen. Identität ist ja nichts rein individuelles sondern wird erst dann wirklich wirksam, wenn sie von außen betrachtet und gespiegelt werden kann. Der Konsumismus hat es geschafft, genau dort anzusetzen und uns in eine ewige Schleife aus Selbstausdruck und Gefallen-wollen zu verstricken. Marken laden sich über Werbung emotional auf und verkörpern Eigenschaften, die mit ihren Produkten eigentlich nicht das Geringste zu tun haben. Ein mittelmäßiges Bier verspricht auf einmal Gemeinschaft, ein paar Sneakers Sportlichkeit, ein Smartphone Unabhängigkeit, ein Schokoriegel Kreativität und ein dickes Auto Sicherheit. Spannenderweise waren sich zu Beginn der Corona-Pandemie alle Unternehmen einig, dass sie auf einmal für Geborgenheit und Solidarität stehen, also eigentlich schon immer, aber vor allem natürlich jetzt „in Zeiten wie diesen“. Das Perfide an der Angelegenheit ist, dass die Sehnsucht nach dem Versprochenen bei uns Menschen ja durchaus vorhanden ist. Es wird also konsumiert, aber ohne dabei das eigentlich zugrunde liegende Bedürfnis zu stillen, weil das Produkt eben nur aufgeladen wurde, am Ende aber niemals das liefern kann was es verspricht. Zurück bleibt diese sonderbar vertraute Leere die darauf drängt von uns mit irgendetwas vollgeschaufelt zu werden.

Der französische Autor Guy Debord hat diese Zusammenhänge in seinem Hauptwerk („Die Gesellschaft des Spektakels“, 1967), mit der Theorie des „Spektakels“ beschrieben. Der Nutzwert von Waren wird mit deren massenhafter Verfügbarkeit in der Moderne zunehmend von einem rein fiktionalen, spektakulär aufgeladenem Wert abgelöst. Mit der Ausbreitung der Verwertungslogiken in sämtliche Lebensbereiche, in einer Welt in der es für jedes Problem das passende Produkt gibt (und zwar auch wenn wir das Problem vorher gar nicht als ein solches wahrgenommen hatten), durchdringt das Spektakel irgendwann unsere komplette Kultur. Je banaler eine Sache dabei ist, umso vehementer bekräftigt sie nach außen ihre absolute Wichtigkeit und schreit in die Welt, dass sie alles andere als banal ist.
Ich finde es bemerkenswert, wie treffend Debords Beobachtungen sind, wenn man sie auf die heutige Medienwelt überträgt. Dort finden sich Fußballspieler die inszeniert werden wie eine Mischung aus Krieger und Superheld, während ihr Job darin besteht, mit dem Fuß gegen eine Lederkugel zu treten, eine täglich neu behashtagte Twitter-Blase deren Protagonist*innen versuchen den nächsten viralen Tweet abzufeuern oder, in 280 Zeichen komprimiert und vor maximalem Publikum, nochmal einen Punktsieg gegen die „Gegenseite“ ein zu fahren. Daneben Vorführungen neuer Tech-Produkte, die wie lebensverändernde Offenbarungen inszeniert und gefeiert werden und reißerische Clickbait-Schlagzeilen, die auf komplett inhaltslose Artikel oder Videos verweisen. Wer Aufmerksamkeit möchte, muss mit nichts geringerem als Superlativen aufwarten, wahlweise entsetzt, empört, restlos begeistert oder schockiert sein und alles Stille und offen Unsichere meiden.

Debord resignierte irgendwann unter der Einsicht, dass das Spektakel nicht mehr aufzuhalten sei und sich am Ende alles in ihm auflösen wird. 1994 nahm er sich das Leben und vielleicht ist es ganz gut, dass er den Aufschwung der Influencer*innen, das quasi Fleisch gewordene Spektakel, nicht mehr miterleben musste. Ich hab eigentlich nur in einem Taschenbuch ein paar Zeilen über ihn und seine Theorie gelesen. Aber seine Geschichte hat direkt etwas in mir bewegt und so ist mein 2018 erschienenes Album „Das große Spektakel“ auch zu seinem Namen gekommen.


Wie soll ich mich langweilen?
Wenn alles mich anschreit
In buntesten Farben
Was euch mitteilen?
Wenn alles gesagt ist
Was wir noch haben
Ersäuft im gleißenden Licht

Das große Spektakel
Hörst du wie es singt?
Es rollt ewig weiter
Bis es alles verschlingt

Seit ein paar Jahren passiert es mir regelmäßig, dass ich bei einem harmlosen Spaziergang durch die Stadt von einem Moment auf den nächsten das Spektakel um mich herum wahrnehme und die nackte Wut mir in den Bauch schießt, zum Beispiel weil mir eine x-beliebige Werbetafel unter die Nase gerät. Das ist insofern problematisch, da es heutzutage so gut wie unmöglich ist, sich gänzlich unumworben durch den öffentlichen Raum zu bewegen. Ganz weit vorne war die „DON'T BE A MAYBE“-Kampagne eines großen amerikanischen Tabakkonzerns.

MAYBE NEVER FELL IN LOVE
MAYBE NEVER REACHED THE TOP
MAYBE WILL NEVER BE HER OWN BOSS
MAYBE WOULDN'T TAKE A CHANCE

Und vor allem:

MAYBE NEVER WROTE A SONG

Maybe hat ALLE meine Songs geschrieben. Jede einzelne verdammte Zeile.

Wie schön es doch wäre, einfach mal nicht belogen zu werden.

3. Eine Hand voll Geschichten

Ein Grund warum ich die Spektakel-Metaphorik so treffend finde ist, weil sie etwas von Theater und Geschichten erzählen hat und damit ganz gut beschreibt, wie menschliches Zusammenleben über eine gewisse Gruppengröße von ein paar dutzend Individuen hinaus überhaupt funktioniert. Es ist ja vor allem unsere Fähigkeit, miteinander sprechen zu können und dabei Dinge zu erfinden, die es außerhalb unserer Vorstellung gar nicht gibt, die uns von anderen Tieren unterscheidet. Das gibt uns die Möglichkeit, uns auf gemeinsame Geschichten wie Grenzen, Geld, Verkehrsregeln oder ein Wirtschaftssystem zu einigen. Das ist an sich auch erstmal keine schlechte Sache, ich halte es aber für eine kluge Idee, die gerade vorliegenden Geschichten immer mal wieder zu hinterfragen und sich zu überlegen, ob sie noch zeitgemäß sind bzw. welchen Preis wir selbst und Andere dafür zahlen müssen, um sie weiter aufrecht zu erhalten. Ich zweifle vor allem an der Frage, ob die großen Geschichten unserer Zeit überhaupt dazu taugen, uns nachhaltig einen Sinn zu geben.

Und all die Menschenhände
Sie tragen Gegenstände
Durch all die Häuserwände
Überall hin
Aber keiner trägt den Sinn


Das 2014 erschienene dritte und letzte „Spaceman Spiff“-Album „Endlich Nichts“ war so etwas wie ein Konzeptalbum über die
überfordernde Schnelllebigkeit, Vereinsamung, Anonymität und gefühlte Sinn- und Ziellosigkeit in der postmodernen Gesellschaft und schien damit bei vielen Menschen einen Nerv getroffen zu haben. Nachdem ich mit der Platte den bisher größten Erfolg meines Songwriter-Typsi-Daseins feiern durfte, die Konzerte regelmäßig ausverkauft waren und die Locations immer größer wurden, holte auch mich ebenjene Sinnfrage wieder ein. Nach einem Tourabschluss im Duo mit Cellobegleitung vor über 600 Menschen in Hamburg, stellte ich fest, dass das was ich da tue – nämlich intime Konzerte mit zumeist zerbrechlichen und stillen Liedern spielen – in dieser Größenordnung eigentlich nicht mehr wirklich funktioniert. Ab etwa 100 Besucher*innen aufwärts gehen die Feinheiten langsam aber sicher verloren und aus den Gesichtern im Publikum wird mit jedem weiteren Dutzend eine anonyme Masse, zu der sich kaum noch eine wirkliche Verbindung aufbauen lässt. Gleichzeitig wurde mir nach dem Konzert von allen Seiten zum „nächsten Schritt“ gratuliert und allen war klar, dass das Ziel nun sei, den Aufstieg in die höhere Liga, samt der größeren Clubs auch auf die anderen Städte zu übertragen.

Der Adrenalinrausch, den ein Jubel von mehreren hundert begeisterten Menschen mit sich bringt, pumpt Endorphine bis in die letzten Ecken der vom Touralltag müden Glieder. Das Gefühl ist wahnsinnig intensiv und beglückend, aber eben nur von kurzer Dauer. Spätestens nachdem der bierverklebte Boden im Club wieder besenrein ist und man mutterseelenallein und erschöpft im Hotelzimmer in die frisch gewaschene Bettwäsche sinkt, fällt auch der Rausch in sich zusammen und wartet sehnsüchtig auf das nächste Mal. Die Schleife von Lethargie nach Euphorie und wieder zurück bog ab in ihre nächste Runde. Selbst eine anderthalbjährige Live-Pause konnte an der Dynamik mit den nie enden-wollenden Zyklen nichts ändern und die altbekannten Gefühle von Ruhelosigkeit und Getriebenheit klopften erwartungsvoll an die Tür.


Foto: Tobias Schrenk
Foto: Tobias Schrenk


Ich hatte bis zu diesem Zeitpunkt nie so wirklich hinterfragt, dass mit jedem Release ein paar Platten mehr verkauft, mit jeder Tour ein paar Konzertgäste mehr „gezogen“ und mit jedem Facebook-Posting ein paar Follower mehr generiert werden wollen. Die alles umspannende Geschichte des unstillbaren Drangs immer weiter zu wachsen, hatte sich auch mir in die tiefsten Winkel meines Unterbewusstseins geschrieben und erzählte mir dort seine ewigen Phrasen vom nicht genug sein und niemals irgendwo ankommen. Bis ich irgendwann einfach nicht mehr konnte und mir die Frage stellte, warum das eigentlich so ist und ob es nicht auch irgendwie anders gehen könnte. In der Folgezeit befasste ich mich über mehrere Monate jeden Tag stundenlang mit der kapitalistischen Wachstumslogik und all dem, was sie mit unserer Gesellschaft und in unseren Köpfen so anrichtet. Das alles war nicht komplett neu für mich, aber da war auf einmal dieser Sog, der mich von Buch zu Podcast, von Artikel zu Vortrag und von Dokumentation zu Analyse springen ließ, wie ein Besessener. Ich hatte das Gefühl, Antworten gefunden zu haben, auf die Fragen, die ich in den Liedern auf „Endlich Nichts“ aufgeworfen hatte und ich hatte das drängende Bedürfnis mich zu diesen Fragen und Antworten zu verhalten. Und zwar nicht einfach nur mit wieder neuen Liedtexten, sondern mit dem Entwurf eines Gegennarrativs innerhalb meiner eigenen Reichweite. Meine eigene kleine Geschichte, die versucht, etwas Anderes zu erzählen und darauf hofft gehört zu werden.

Du nimmst eine Hand voll Geschichten
Erzählst sie von vorn'
Schau all das was dir den Schlaf nimmt
Es hat dich velorn'

4. Ent-Entfremdung

Ich hab in dieser Zeit viel hin und her überlegt, wie es weiter gehen soll mit meinem Beruf und den neuen Liedern, die ich in der Zwischenzeit geschrieben hatte. Ob die Idee mit dem Gegennarrativ vielleicht doch ein bisschen Größenwahnsinnig und ich dem Selbstwirksamkeitsfetisch verfallen war, den ich - in unserer von den sozialen Medien zerpflückten, hochindividualisierten Welt - selbst so bedenklich und nicht selten furchtbar anstrengend finde. Auf der anderen Seite hatten mich die Mauern auf die ich mit der konventionellen Methode des „Musikerdaseins“ immer wieder geprallt bin mürbe gemacht, und ich konnte mir eine Veröffentlichung nach den Regeln des Musikbusiness' absolut nicht mehr vorstellen. Die letzten Monate, irgendwo zwischen Adorno und Momo, umgeben von aufstrebenden Autokraten, der sogenannten Flüchtlingskrise und Klimawandel hatten mich außerdem so weit politisiert, dass mein Gewissen es mir unmöglich machte, weiter aktiv an Strukturen teilzuhaben, die ich doch auf so vielen Ebenen ablehnte. Ich konnte und wollte einfach nicht mehr mitmachen. Ich entschied mich letztendlich dafür, das Ganze eher als eine Mischung aus Experiment, Kunstaktion und Verzweiflungstat zu betrachten und entschloss mich dazu, meine eigenen Unsicherheiten offen zu kommunizieren. Also baute ich mir eine neue Homepage samt Blog und kündigte darin an, meine Musik ab jetzt nur noch zu verschenken und den Austausch zwischen mir und meinem Publikum fortan nicht mehr an irgendwelche Bedingungen koppeln zu wollen. Und zwar im vollen Bewusstsein, damit weit weniger Menschen erreichen zu können.

Noch im selben Moment als ich mit dem Mauszeiger auf „veröffentlichen“ geklickt hatte, kamen mir die Tränen und ein dicker alter Knoten unter meiner Bauchdecke fing an sich zu lösen. Ich hatte mich zum ersten Mal wirklich zu einer Sache verhalten, die mir schon seit so vielen Jahren im Nacken saß und mein Leben mit Widersprüchen füllte. Und ganz egal wie naiv, mickrig oder übertrieben mein Experiment in der Außenwirkung vielleicht daherkommen würde, für mich hatte sich bis zu diesem Moment selten etwas so richtig angefühlt.

Du hast versucht es zu ändern
Hast dir Beine gestellt
Nur ein einsames Stolpern
Gegen den Rhythmus der Welt
Sind wir mal ehrlich
Ist es stumpf und brutal
Wir sind alle entbehrlich
Unser Streben banal

Und jeder ist ein Teil von allem
Was ihn ruiniert

Die Idee mit verschenkten Alben und Auftritten mit Eintritt auf freiwilliger Basis war 2018 natürlich keine grundlegend neue, aber für einen Berufsmusiker, der Konzerte vor vollen Häusern spielt und im fünfstelligen Bereich Platten verkauft hatte, war das alles doch ein ziemlich einschneidender Schritt. Ich finanziere mich seitdem zum größten Teil über freiwillige Spenden und Daueraufträge. Ein Versuch, wie weit man sich aus den Strukturen herauslehnen kann ohne abzustürzen.

Das Erste was mir auffiel, waren die Kapazitäten und Energien, die mit einem Schlag in mir frei wurden. All die Fragen nach Promo, Singles und Musikvideos, die normalerweise den Zeitraum vor einem Album-Release prägen, spielten auf einmal keine Rolle mehr und ich konnte mich stattdessen mit Dingen beschäftigen, die mir wirklich am Herzen lagen. Das fertige Master liegt sonst für ein halbes Jahr in der Schublade, während das Marketing geplant, die Tonträger gepresst und die Musikpresse bemustert wird. Dieses Mal konnte ich das fertige Album, „Das große Spektakel“, einfach ein paar Tage später auf meine Seite stellen und in die Welt entlassen. Und zwar zusammen mit der Euphorie, die sich nach so langer und intensiver Arbeit an einer Platte beim ersten anhören entlädt und nicht erst Monate später, wenn diese schon längst wieder abgeflacht ist. Parallel dazu versuchte ich mich darin, meine individuellen Ideen und Erfahrungen in Blogartikeln auf das große Ganze zu übertragen und las und beantwortete vor allem täglich Nachrichten von Menschen, in denen meine Musik und me ine neue Art, sie mit meinem Publikum zu teilen, etwas auslöste.

Das war nur der Anfang einer Entwickung, die das Verhältnis, das ich zu meinem Beruf habe, Stück für Stück veränderte. Die Abkehr vom Denken in Produkten schaffte in mir ganz neue Räume und Freiheiten. Mit meiner nächsten Veröffentlichung „Das Ende der Geschichte“ habe ich zum Beispiel zwanzig Audio-Minuten, bestehend aus vier Liedern und einem kurzen Essay mit meinen Gedanken zu den Texten auf meine Homepage geladen und ich glaube, bis dahin noch nie etwas so in sich stimmiges veröffentlicht zu haben. Zuvor hätte ich mich das nie getraut, weil meine Songs zu rar gesät sind, als dass ich sie für so etwas wie eine EP „verschwendet“ hätte. Das Albumformat mit 10 - 15 Songs ist in meiner Generation nach wie vor sehr dominant und wichtig, obwohl es ja eigentlich nur entstanden ist, weil irgendwann im letzten Jahrhundert die Schallplatte erfunden wurde und sich auf so eine LP eben ganz wunderbar ca. 45 Minuten Musik in ein Produktformat pressen lassen. Das Tandem aus Musikpresse und Industrie hat sich über die Jahrzehnte an das Prinzip gewöhnt und die komplette mediale Infrastruktur - von der Sortierung nach Bandname, Albumtitel und einzelnen Tracks in unseren Streaming-Apps, bis hin zum stets quadratischen Cover - ist zu einer absoluten Selbstverständlichkeit geworden. Ein erwarteter Rahmen, den es zu füllen gilt wenn man „mitspielen“ möchte. Ich muss dabei an die vielen Alben denken, die absolut großartig beginnen, dann aber irgendwann, meistens ab Lied fünf oder sieben anfangen nachzulassen oder anstrengend werden. Wie viele an sich wunderbare Veröffentlichungen mussten bis zur Mittelmäßigkeit gestreckt und verwässert werden, weil die Ideen und Themen der Band eben nur über eine gewisse Länge tragen konnten, was ja eigentlich auch völlig in Ordnung wäre. Wenn man das Spiel ein bisschen weiterdenkt, stellt sich irgendwann die Frage warum ein begleitendes Artwork eigentlich grundsätzlich in ein quadratisches Format gepresst wird, obwohl doch eigentlich genauso ein dreidimensionales Objekt, ein bewegtes Bild, ein virtueller Raum oder eine Variation von Gerüchen denkbar wäre. Selten gibt es Ausnahmen, aber es braucht eben auch immer eine genormte Entsprechung, die sich neben einer Albumrezension abdrucken und auf den Displays der Smartphones anzeigen lässt. Im Prinzip haben wir im 21. Jahrhundert die bedruckten Verpackungen für Plastikscheiben in die digitale Welt übertragen. Auch die Zuschreibung eines festen Wertes für diese Plastikscheiben scheint auf einmal ziemlich absurd und wird niemals abbilden, was Musik eigentlich bedeuten kann. Es gibt CDs, die ich für 10 € gekauft habe, die nach einmaligem Anhören im Handschuhfach meines alten Kombis verschwunden sind und inzwischen ein tristes Dasein in einer muffigen Kiste auf einem verstaubten Dachboden fristen. Und es gibt Platten für den gleichen Preis, die mir unzählige Male den Tag gerettet haben und mich seit Jahrzehnten durch gute und schlechte Zeiten begleiten.

 

Mit diesen Gedanken im Kopf, traute ich mich langsam aber sicher immer mehr, mit dem was ich so tue zu experimentieren. Auf einer „autobiographischen“ Solotour spielte ich meine Lieder in chronologischer Reihenfolge, erzählte dazu aus meinem Leben und stellte bei jedem Konzert einen grünen Klappstuhl samt Mikrofon neben mich auf die Bühne. Die Menschen aus dem Publikum waren dazu eingeladen, sich zu mir zu setzen, Fragen zu stellen, von sich zu erzählen, mitzusingen oder einfach nur zuzuhören. Drei der Abende zählen seitdem zu den berührendsten und direktesten Konzerterlebnissen, die ich jemals hatte. Während der zweiten Welle der Corona-Pandemie im Winter 20/21 organisierte ich unter dem Namen „Hängen mit Hannes“ Online-Treffen für Menschen, die sich einsam fühlten. Für fast zwei Monate habe ich den rund 150 Leuten die sich gemeldet hatten, Privatnachrichten geschrieben, Exceltabellen erstellt, eine Software recherchiert, mit der sich ein räumliches Treffen auf einer WG-Party online simulieren lässt und Abhäng-Abende mit je acht bis zwölf Personen organisiert. In dieser Zeit sind Freundschaften entstanden und ich habe dutzende von rührenden, traurigen, spannenden und witzigen Gesprächen geführt. Ein Teilnehmer hat mir nach einem der Abende geschrieben, dass er in der Nacht zum ersten Mal seit Monaten wieder ruhig durchschlafen konnte. Eine variierende Gruppe von ein paar duzend Leuten hält noch heute, ein ganzes Jahr später, Kontakt und trifft sich regelmäßig im Online-Raum und ich weiß nicht ob ich mir jemals etwas sinnvolleres ausgedacht habe. Irgendwann ist mir mitten im Orga-Rausch ganz beiläufig gewahr geworden, dass das hier gerade wohl mein „Beruf“ ist, oder zumindest Teil meines Berufes. Inzwischen wurde ich wegen meiner Podcasts und Erklärungen als „fast schon Pädagoge“, aufgrund meiner Blogartikel als „irgendwie auch Publizist“ und für meine politischen Inhalte als „Aktivist“ bezeichnet. Auf der einen Seite würde ich diese Zuschreibungen erstmal allesamt bestreiten wollen, aber irgendwie ist schon auch etwas dran. All das, was mich als Mensch ausmacht, wird in dem was ich „beruflich“ tue zumindest besser abgebildet, seitdem mir der Markt, in dem ich mich früher bewegt habe keinen Rahmen mehr diktiert. Mein Tun und dessen Wahrnehmung reduziert sich nicht mehr nur auf meine Musik, sondern ist zu so etwas wie einem Gesamtkunstwerk aus vielen kleinen Rädchen und Ideen geworden.

Foto: Jessica Westerfield
Foto: Jessica Westerfield


Die zweite große Veränderung seit meinem Ausstieg, und eigentlich auch die wichtigere von beiden, ist das direktere Verhältnis zwischen meinem Publikum und mir bzw. meiner Kunst. Das Kaufen und Verkaufen von Musik ist zu Zeiten von Spotify und Amazon ja eine ziemlich abstrakte Angelegenheit. Man überweist ein paar Euro (pro Monat) und bekommt dafür entweder ein Päckchen mit einem Tonträger nach Hause geliefert oder darf sich eben online eine gigantische Musikdatenbank aus dem luftleeren Raum saugen. Das ist zwar alles wahnsinnig praktisch und simpel, auf der anderen Seite aber doch ein ziemlich entfremdeter Prozess, bei dem man sich auf Nichts und Niemanden wirklich einlassen muss. Nachdem meine Musik und die sonstigen Inhalte nur auf meiner eigenen Homepage zu haben sind, kommt man gezwungenermaßen "bei mir zu Hause" vorbei. Hier kann ich den Rahmen setzen und wer sich darauf einlässt, kann sich im Blog durchlesen, in welchem Kontext ein Album oder Podcast steht, schauen, was andere Leute so dazu denken und mir direkte Nachrichten schreiben. Man ist also unmittelbar dazu eingeladen, ein paar Schritte näher zu kommen und ein bisschen einzutauchen.

Die Verbindung zwischen mir und allen, die sich darauf einlassen bei mir vorbeizuschauen, hat dadurch eine ganz andere Tiefe, oder wenigstens ist das Potential dazu vorhanden. In Zeiten, in denen quasi alles immer überall verfügbar ist und wir unendliche Wahlmöglichkeiten haben, scheint mir oft eben diese Tiefe verlorenzugehen. Man nimmt zwar mehr Dinge wahr, bleibt dabei aber nur oberflächlich und lässt sich eher selten wirklich anrühren. Das gilt auch für die Seite der Kulturschaffenden, die sich ihre Bestätigung im Alltag vor allem über abstrakte Metriken wie Klicks, Likes und Verkaufszahlen holen. Für mich hat sich auch das ein Stück weit geändert. Neben der vielen Nachrichten die mich erreichen, hinterlassen die lieben Leute, die mich mit einem Geldbetrag unterstützen, in ihren Überweisungen und Paypal-Transaktionen kleine Botschaften und nehmen der Sache mit dem Geld damit ein bisschen die Nüchternheit und Anonymität.

Für eine Woche Nudeln mit Pesto oder einmal Essen gehen“

„Ich höre gerade deinen Podcast und er hat mir sehr viele Momente zum Nachdenken gebracht. Danke dafür.“

„Letzte Woche Nachtfahrt von München nach Stuttgart mit deinem neuen Album.“


Danke fürs Verschönern der Zugfahrt zur Arbeit und nur die besten Wünsche.“

„Deine Musik findet stets den Lichtschalter in den vielen dunklen Momenten, pass auf dich auf!“


Du hast da wirklich ein Fass aufgemacht, den Deckel bekommst Du alleine nicht wieder drauf. Fall nur nicht rein.“

Dies sind nur ein paar Beispiele. Wenn ich online meine Kontoauszüge checke, wirkt das nicht selten eher wie das Einloggen in eine Messenger-App. In der echten Welt wurden mir gleichzeitig Musikinstrumente und Effektpedale zugeschickt und auf einem Konzert habe ich als „Eintritt“ von einer Hobby-Imkerin Honig mitgebracht bekommen, samt einer Flatrate für die Zukunft. All das fühlt sich um Welten schöner an, als Ende des Jahres vom Vertrieb einfach eine Abrechnung mit ein paar nüchternen Verkaufszahlen zu bekommen.

Mit Beginn der Corona-Pandemie im März 2020 sollte mir dann endgültig bewusst werden, dass aus dem reinen Produzent-Konsument-Verhältnis etwas anderes geworden war. Ich hatte Anfang des Jahres angekündigt, bis auf Weiteres erstmal eine längere Kreativpause einzulegen, um durchzuschnaufen und an neuen Ideen zu arbeiten. Als dann der erste Lockdown kam und damit die Realisierung, was die Pandemie mittel- und vielleicht auch langfristig für den Kulturbereich bedeuten würde, trudelten auf einmal zahlreiche Überweisungen, teilweise von mehreren hundert Euro, auf meinem Konto ein - ohne irgendeine Aufforderung oder Bitte von meiner Seite - aus den Händen von mir eigentlich fremden Menschen und begleitet von Nachrichten wie:

„Bleib gesund!“

„Lockdown Programm – Als Ersatz für Konzertkarten“

„Danke. Halte durch in der Zeit! Ich denke an dich“


Ich bin davon nicht reich geworden und über mein Jahreseinkommen 2020 wird ein Mensch meines Alters mit einer „normalen“ Berufsausbildung wahrscheinlich nur müde lächeln. Aber in einem Pandemiejahr noch weiter von der eigenen Kunst leben zu können ist schon ein großes Privileg und tatsächlich bin ich der einzige Kulturschaffende in meinem Umfeld, der in diesem Jahr keine Coronahilfen beantragen musste ... einfach, weil da ein paar liebe Menschen sich mir verbunden gefühlt und mich aufgefangen haben. Das war eine sehr berührende Erfahrung, nicht etwa wegen des Geldes, sondern wegen der Solidarität und der Selbstverständlichkeit mit der mir von Leuten geholfen wurde, die ich eigentlich gar nicht kenne - dass sich Menschen in solch einer Situation von sich aus die Frage stellen: „Wie es gerade wohl dem Hannes geht?“ Diese Anekdote ist seitdem meine Antwort auf die Frage, die wiederum mir in den letzten drei Jahren am häufigsten gestellt wurde:

„Funktioniert das, was du da machst, eigentlich?“

Die Pandemie-Anekdote ist zumindest meine kurze Antwort. Eigentlich müsste man sich wahrscheinlich erstmal ein paar Stunden über die Definition von „Funktionieren“ unterhalten.

 

5. Reibung

Natürlich kommt all das, was da auf eine Art funktioniert und die Dinge für mich zum Positiven verändert hat, nicht ohne ein gewisses „Aber“ aus. Es ist erstmal ein sehr komisches Gefühl, mit einem Schlag viel weniger Menschen zu erreichen, weil man auf eigentlich so wichtigen Plattformen wie Spotify oder in der Musikpresse von heute auf morgen einfach nicht mehr stattfindet. Gerade in einer Zeit in der Aufmerksamkeit das allerhöchste Gut zu sein scheint und nachdem man selbst Jahre damit zugebracht hat, Stück für Stück immer weiter zu wachsen und die eigene Reichweite auszubauen, ist da durchaus die Angst, sich gerade selbst ins Bein geschossen zu haben und nun mit beherzten Spatenstichen am eigenen Grab zu schaufeln. Zum Glück ist das eine Sache, an die man sich mit der Zeit gewöhnen kann, und wenn man nach zwei Jahren immer noch nicht verhungert ist, kehrt auch langsam eine gewisse Entspanntheit zurück, was die individuelle Zukunft betrifft. Weit schwieriger ist da die Sache mit dem Sich-selbst-exponieren und Immer-Sonderfall-sein. Wenn man anders agiert als es von der Gesellschaft erwartet wird und von den Strukturen vorgesehen ist, kommt es unausweichlich zu Reibungen, sowohl im menschlichen Miteinander als auch institutionell. Ein prägnantes Beispiel wäre da, dass mir vom Finanzamt eine neue Steuernummer zugeteilt wurde, mit der Anmerkung, dass ich von nun an als „Einzelhändler, nicht in Verkaufsräumen“ eingeordnet werde. Ich bin also offiziell Merch-Händler und muss von allen eingegangen Spenden die ich bekomme 19% Umsatzsteuer abführen (und nicht etwa 7%, wie bei "künstlerischer Arbeit" üblich), weil die Geldeingänge‚ als Bezahlung für eine Ware betrachtet werden. Eigentlich ist das fast schon wieder witzig, weil ja das genaue Gegenteil der Fall ist und ich seit Jahren keinen Merch mehr verkauft habe. Aber dem Staat ist eben nicht zu vermitteln, dass mir ein Mensch nicht einfach hundert Euro überweist oder einen Dauerauftrag einrichtet, nur weil er sich eine mp3 heruntergeladen hat, sondern weil er vor allem eine Idee oder Haltung unterstützen möchte.

Bei meiner ausgiebigen Release-Tour zu „Das große Spektakel“ in aufwändiger Band-Besetzung musste ich außerdem feststellen, dass es gar nicht so leicht ist, mein Prinzip mit dem Verschenken und der Freiwilligkeit auf die Clubs zu übertragen, in denen ich spiele. Die Strukturen im Konzertbetrieb sind einfach nicht darauf ausgelegt, keine festen Preise und Tickets zu haben. Lokale Veranstalter*innen betreiben ja einen relativ großen Aufwand, was die Vorbereitung und Durchführung eines Konzertes betrifft, außerdem gehen sie immer auch ein finanzielles Risiko ein und sind daher eigentlich auf eine gewisse Planbarkeit angewiesen. Wenn jetzt aber, von den Leuten die reserviert haben, ein Drittel einfach nicht erscheint, ohne wieder abzusagen, sorgt das für solch absurde Situationen in denen ein Abend eigentlich als „Ausverkauft“ deklariert wurde, am Ende aber noch 50 Menschen im 200 Personen fassenden Laden Platz gefunden hätten. Die meisten Clubs und Booker*innen teilen viele meiner Ansichten, lassen sich gerne auf meine Experimente ein und sehen darüber hinweg, dass ich mit meinem „Konzept“ auf einmal weniger Leute „ziehe“. Aber ich bin auch nicht selten auf Unverständnis gestoßen und musste mich immer wieder erklären und rechtfertigen. Insgesamt hat sich der Gegenwind in Grenzen gehalten, aber wenn Kritik kam, dann in der Regel von Menschen, die in irgendeiner Form mit Musik ihren Lebensunterhalt bestreiten.
Das reichte von der Überzeugung, dass die ganze Nummer ja nur eine große Promomaßnahme oder ein einziger Egotrip sei, bis hin zum Vorwurf, dass ich durch das Verschenken von Musik nach Außen vermitteln würde, dass diese auch grundsätzlich nichts wert sei. Außerdem hätte ich überhaupt leicht reden, weil ich mir das alles als etablierter Künstler ja problemlos leisten könne.


Als durch und durch konfliktscheuer Mensch, der eigentlich immer gefallen und es allen recht machen möchte, war das eine ziemlich harte Erfahrung für mich. Wenn man Menschen mit einer alternativen Art die Dinge zu betrachten und anzugehen konfrontiert, passiert es sehr schnell, dass sie sich in ihrem eigenen Handeln hinterfragt und angegriffen fühlen, ganz gleich ob das ursprünglich so gewollt war oder nicht. Tatsächlich rechtfertigen sich mir gegenüber noch immer regelmäßig Kolleg*innen dafür, dass sie ihre neu Platte bei Spotify veröffentlichen, T-Shirts verkaufen oder Facebook nutzen, obwohl ich all das niemals irgendwem vorgeworfen habe. Ich hatte eigentlich immer betont, dass das was ich da tue auf keinen Fall eine alternative Vermarktungsmethode für Bands und Musiker*innen sein soll, sondern eben nur mein persönlicher Umgang mit der Widersprüchlichkeit meines Berufs und des Lebens in einer kapitalistisch sortierten Welt. Trotzdem wurde ich, vor allem in diversen Medien, immer wieder als der heroische Einzelkämpfer dargestellt, der sich gegen die große böse Musikindustrie zur Wehr setzt. So eine „David gegen Goliath“-Erzählung macht sich natürlich immer gut und ich kann nachvollziehen, dass Leute, die auf diese Weise auf mich aufmerksam geworden und leider Gottes von diesem Goliath abhängig sind, mich als nervigen Wichtigtuer abgestempelt haben. So ist es dann immer wieder dazu gekommen, dass ich über Themen redete, um die es mir eigentlich gar nicht ging, weil ich das Gefühl hatte, mich rechtfertigen und absichern zu müssen.

Ich war ja bereits mit meinem „Job“ als Musiker schon immer ein ziemlicher Sonderling, muss mich oft erklären und hab auch in meinem Freundeskreis nicht so richtig viele Menschen, die meine Lebensrealität teilen. Allein das kann sich manchmal ganz schön einsam anfühlen
. Mit meinem Hinterfragen von grundsätzlichen Abläufen und Strukturen, die den Alltag des Musikerberufs ausmachen und dem Versuch aus ihnen auszubrechen, hab ich mich noch ein ganzes Stück weiter ins Abseits manövriert und meine Peer-Group zusätzlich dezimiert. Es macht eben doch einen erheblichen Unterschied, ob man sich gegenseitig auf der gleichen Ebene begegnen kann, weil man sich tagtäglich mit denselben Problemen und Gedanken auseinandersetzt oder ob man sich immer erst erklären muss. In den letzten Jahren hab ich gelernt, dass Freiheit und Isolation nicht selten erstaunlich nah beieinander liegen. Klar, es kann wahnsinnig erleichternd und befreiend sein, wenn man sich neu erfindet und Dinge loslässt, von denen man schon so lange festgehalten wurde. Aber wenn man das ganz für sich alleine tut, wird man schnell feststellen, dass mit den verworfenen Selbstverständlichkeiten, Ritualen und gemeinsamen Themen auch eine Realität verloren geht, die man mit anderen Teilen und so ein Gefühl von Gemeinschaft aufbauen konnte. Selbst wenn es sich dabei um eine Schicksalsgemeinschaft handelt.

Und ich wusste nicht, dass Freiheit so allein ist
Wenn du hier draußen noch ganz klein bist

Zwischen all der Euphorie
Und sicher, besser ging's mir nie
Fällt mir wieder ein
Woanders bin ich wer gewesen
Hier muss ich irgendjemand sein

Diese Zeilen hatte ich 2009 geschrieben, kurz nachdem ich frisch in das mit allen meinen Sehnsüchten beladene Hamburg gezogen war und dort härter und vor allem einsamer aufschlug als erwartet. Ich erkenne mich heute in ihnen wieder, wobei mein Umzug bzw. Auszug dieses Mal nicht auf einer räumlichen, sondern auf einer inneren, ideologischen Ebene stattgefunden hat.

6. Fug und Recht

Aber hätte man sich das alles nicht auch ein bisschen leichter machen können? Wie bereits erwähnt, hat mich schon auch die Frage beschäftigt, ob ich mich in alldem nicht selbst viel zu wichtig nehme und ein Stück weit Opfer unseres Zeitgeistes geworden bin, in dem jede einzelne Person nach individuellen Lösungen sucht, alles dokumentiert und anschließend ungefragt die ganze Welt darüber informiert. Wahrscheinlich kann man mir das sogar durchaus vorwerfen und sicher suche ich in dem was ich tue auch nach irgendeiner Form von gesellschaftlicher Anerkennung. Eigentlich ist es auch verquer, dass ich davon mehr bekomme als eine Person, die im Mittelmeer Geflüchtete vor dem Ertrinken rettet oder sich in ihrer Freizeit für bezahlbare Mieten oder gegen die Privatisierung von Trinkwasser einsetzt. Ich erinnere mich an einen Morgen, an dem ich mit meiner Freundin lange darüber gesprochen habe, das angesparte Geld für die Spektakel-Albumaufnahmen lieber einfach an gemeinnützige Zwecke zu spenden, mir irgendeinen Job zu suchen und mich anderweitig politisch zu engagieren. Wäre dann nicht mehr Menschen geholfen? Oder ist die Tatsache, dass ich in meiner Rolle als Musiker einige tausend Leute erreichen und in ihnen im besten Fall irgendetwas auslösen kann doch der längere Hebel? Die Fragen kann ich bis heute nicht beantworten.

Ich hatte kurz zuvor das Buch „Neben uns die Sintflut“ vom Münchner Soziologen Stephan Lessenich gelesen, in dem er ausgiebig beschreibt wie unser Wohlstand vor allem dadurch entsteht, dass wir unentwegt die negativen Auswirkungen unseres Lebensstandards in andere Länder, vor allem die des globalen Südens, externalisieren. Inzwischen ist längst klar, dass wir mit unserem Konsumverhalten nicht nur den Menschen in anderen Erdteilen schaden, sondern, bedingt durch den Klimawandel, auch allen kommenden Generationen die Lebensgrundlage entziehen. Wir externalisieren die negativen Auswirkungen also nicht nur räumlich, sondern auch zeitlich, in die Zukunft hinein.
Nachdem man sich ein wenig mit Begriffen wie der „kognitiven Dissonanz“ und unseren psychologischen Verdrängungsmechanismen auseinandergesetzt hat, kann man eigentlich nicht anders, als sich schuldig zu fühlen. Es ist eine harte Erkenntnis festzustellen, dass eine große Konfliktlinie unserer Zeit nicht nur zwischen uns und irgendwelchen bösen Firmen und korrupten Politiker*innen verläuft, sondern auch mitten durch uns selbst hindurch führt.

Wir können uns den Krieg erklärn'
Wenn wir ihn nicht verstehn'
So lang in die Ferne starrn'
Bis wir sie nicht mehr sehn'

Ein Wille ist ein Weg
Doch was wir wolln' ist eine Bleibe
Und so werde ich verfolgt
Von all der Zeit die ich vertreibe


Die allgegenwärtige Widersprüchlichkeit schmerzt, sobald man die Augen für sie öffnet und das eigene Leben mit all seinen Privilegien so grundsätzlich in Frage gestellt sieht. Der Begriff des „verstrickten Subjekts“ beschreibt ganz gut wie ich mich damit fühle. Ich bin hineingeboren in eine Welt aus Ungerechtigkeiten und Machtverhältnissen, die ich mir so nie ausgesucht habe, profitiere gleichzeitig aber erheblich von ihnen. „Das hört sich ja an wie bei den Katholiken, wo man schon als Sünder auf die Welt kommt.“, meinte eine liebe Freundin mal dazu. Ich glaube nicht, dass wir per se schuldig sind, ich denke aber, dass mit dem Begreifen der Ungerechtigkeiten und Machtverhältnissen, sowie der Feststellung, dass wir selbst von ihnen profitieren, eine gewisse Verantwortung einhergeht. Allein schon deshalb, weil bestimmte Privilegien auch immer gewisse Handlungsspielräume mit sich bringen. Nur wo sind diese zu finden?

Auf Wunsch einer Teilnehmerin habe ich im Rahmen eines der „Hängen mit Hannes“-Treffen im Februar 2021 einen Abend in kleiner Runde veranstaltet, bei dem es genau um diese Frage gehen sollte. Es kamen um die zwanzig Leute online vorbei, ich habe aus dem Nähkästchen geplaudert und es wurde über mehrere Stunden von den jeweils eigenen Standpunkten erzählt und über Handlungsmöglichkeiten diskutiert. Auffallend war dabei, wie das Thema immer wieder zurück zu den individuellen Konsumentscheidungen schwenkte und damit zur Frage ob man sich nun Vegan ernährt, nur noch im Unverpackt-Laden einkauft oder vor allem auf Bio-Produkte wert legt. Das Gefühl vorrangig Konsument*innen zu sein, scheinen wir so dermaßen verinnerlicht zu haben, dass wir uns auch zu politischen Fragen als solche verhalten. Das ist angesichts der Angebote, die der Markt dem guten Gewissen macht auch nicht wirklich verwunderlich. Vom E-Auto mit grünem Anstrich, über Co2-Ausgleich durch gepflanzte Bäume für Suchmaschinenanfragen oder Langstreckenflüge, bis hin zu fair gehandelten Smartphones ist da für alle etwas dabei. Ich will das alles auch nicht komplett verteufeln und auch der Online-Abend ist irgendwann in ein wirklich schönes Gespräch über kleine und große Utopien und die möglichen Wege dorthin übergegangen. Problematisch wird es nur, wenn man sich im Hinterfragen und Anpassen der Konsumentscheidungen genügt, weil man sich dann ja mit dem eigenen Geldbeutel bereits verhalten hat und so suggeriert bekommt, dass sich nichts Grundsätzliches ändern muss.

In der Kulturbranche verhält es sich ganz ähnlich. Die perfide Eigenschaft des Kapitalismus, früher oder später alles in sich zu vereinnahmen was ihm entgegensteht, ist dort schmerzhaft deutlich zu erkennen. „Macht kaputt was euch kaputt macht“-Shirts, Alben von „Rage Against The Machine“ oder Bücher über ein kommunistisches Känguru, die eigentlich aufrütteln wollen und das sicherlich auch tun, werden gleichzeitig in die Verwertungslogiken überführt, die sie selbst kritisieren und als Produkte verkauft. Wir können uns als Kunden mit politischem Selbstverständnis mit den entsprechenden Kulturgütern schmücken, das zu uns passende Statement vom präferierten Künstler oder der Lieblingsjournalistin auf den sozialen Medien liken und teilen und es schon als politischen Akt begreifen, uns auf der „richtigen“ Seite zu wähnen.

Denn Fug und Recht sind Schall und Rauch
Und all die guten Gesten auch
Wenn dieses Haus noch steht


Ich erinnere mich an einen Kommentar für einen Podcast, bei dem sich ein umweltbewusster Hörer darüber aufregte, dass er "gezwungen sei" zu fliegen, wenn er über Silvester für ein paar Tage zu einem Freund nach Spanien wolle, weil transeuropäische Zugreisen viel zu überteuert seien und er lange Busfahrten nicht wirklich gut vertrage. Er hat natürlich Recht mit seinem Ärger über die Subventionen für Kerosin und die Mängel im europäischen Schienennetz. Aber er ist auch ein gutes Bespiel dafür, dass wir in unseren Überlegungen viel zu oft nur das „Wie“ abwägen, das „Ob“ dabei aber nur eine untergeordnete Rolle spielt und ein „Dann eben nicht“ keine gültige Option darstellt.

Ich glaube, dass eine bewusste Entscheidung etwas nicht zu tun oder nicht mitzumachen in vielen Fällen das radikalste ist, was wir tun können. Und das muss nicht automatisch etwas mit Verzicht zu tun haben, weil mit dieser neu gewonnenen Leerstelle auch immer ein Raum für eine Alternative entsteht.

 

7. Neuschnee

Ich versuche mal den Bogen zum ersten Kapitel zu schlagen und stelle die große Frage, was ich bei meinem „nicht Mitmachen“ der letzten drei Jahren nun eigentlich gelernt habe bzw. welche Schlüsse sich aus dem Gelernten ziehen lassen. Ich habe hier offensichtlich keine allgemeingültige Alternative zu den Strukturen in der Musikindustrie geschaffen. Jede Band hat ihre eigenen Voraussetzungen, von der Musikrichtung und der eigenen Bekanntheit, über die Anzahl der Musiker*innen, bis hin zur Frage, ob man selbst eher introvertiert oder extrovertiert ist und überhaupt das Bedürfnis oder die Kapazitäten für einen engeren Austausch mit dem eigenen Publikum hat. Mein kleiner Selbstversuch kann aber vielleicht zeigen, dass man eigentlich selbstverständlich geglaubte und als alternativlos wahrgenommene Dinge durchaus auch neu betrachten und anders angehen kann.

Wenn man meine Entwicklungen der letzten Jahre objektiv mit dem Blick unserer technokratisch geprägten Gesellschaft betrachtet und bewertet, also auf die nackten Zahlen schaut, kommt man recht schnell zu dem Schluss, dass die Nummer ein großer Schuss in den Ofen war. Ich spiele weniger Konzerte vor kleinerem Publikum, habe mein Facebookprofil mit 12500 Followern gelöscht und dadurch eine eingeschränktere Reichweite und allen voran verdiene ich mit all dem weniger Geld als zuvor. Wenn ich aber die Perspektive ändere und meine Bemessungsgrundlage für Erfolg nicht an dem festmache, was tagtäglich überall vorgelebt und von mir erwartet wird, sondern mich an Dingen orientiere, die für mich emotional eine wirkliche Rolle spielen, ergibt sich ein komplett anderes Bild. Nicht sofort, weil man alte Gewohnheiten nur schwer ablegt, aber langsam, Schritt für Schritt und mit jeder Schicht Neuschnee, die sich über die eingefahrenen Schlittenspuren im eigenen Denkprozesshügel legt, entsteht ein anderer Blickwinkel und damit auch ein neues Empfinden. Das ist die für mich wichtigste Erkenntnis, die man vielleicht auch auf große gesellschaftlichen Fragen übertragen kann. Wie lässt sich der Erfolg einer Gesellschaft am besten Messen? Ist es wirklich das Bruttoinlandsprodukt oder gibt es neben Wohlstand im klassischen Sinne noch andere Dinge, die das Menschsein ausmachen? Kann es sein, dass grundsätzliche emotionale Bedürfnisse nach Verbundenheit, Sicherheit, Nähe, Identität oder Gemeinschaft in unserer durch und durch rationalen Perspektive aus dem Blick fallen und ihnen so nicht ausreichend entsprochen werden kann? Was bedeutet das für unser Zusammenleben? Und vor allem:

Lässt sich diese verkürzte Perspektive auch ändern?


Es ist kein Geheimnis, dass unsere festgefahrene Wirtschaftsideologie mit dem Fokus auf Konkurrenz, Konsum und Wachstum den großen Karren unserer globalisierten Welt gerade relativ zielsicher an die Wand fahren lässt. Es gibt wissenschaftlich belegte psychische, soziale und ökologische Belastungsgrenzen, die mittelfristig überschritten werden und weltweit schon jetzt zu tiefen Krisen führen. Sei es die stetig zunehmende Einsamkeit in allen Bevölkerungsschichten und Altersgruppen, die immer weiter steigende soziale Ungleichheit oder die kaum noch aufzuhaltende Klimakatastrophe. Aus unserem aktuellen Blickwinkel wirkt es geradezu unmöglich ein Umdenken in der notwendigen Größenordnung zu bewirken und damit eine gesellschaftliche Transformation anzustoßen. Gerade deshalb ist es umso wichtiger, in eine Form der Praxis zu kommen, die andere Prioritäten setzt. Und zwar angefangen in den kleinsten Nischen, weil eine Veränderung im Handeln auch immer Möglichkeiten schafft, die eigene Perspektive zu wechseln und sich eine Andersartigkeit der Dinge überhaupt erst vorstellen zu können. Das hat dann wiederum Auswirkungen auf das eigene Umfeld und lässt neue gemeinschaftliche Denkräume entstehen. Neuschnee für die tiefen Furchen in unseren gewohnheitsverliebten Gehirnen. Das wirkt jetzt natürlich erstmal leichter gesagt als getan. Im Alltag kann es schon damit anfangen den eigenen Obst- und Gemüsebedarf nicht mehr im Supermarkt zu kaufen, sondern nachhaltig über das Prinzip der solidarischen Landwirtschaft zu organisieren, Eigentumsverhältnisse zu hinterfragen und Ideen, Güter und Räume auf Basis der „Commons“ der Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen, sich entgegen aller Erwartungen für das „Dann eben nicht“ zu entscheiden und Dinge anders anzugehen. Es gibt heute bereits unzählige Projekte und Ideen, die in solchen Nischen begonnen haben und sich nun untereinander verknüpfen. Sie statten uns mit neuen und vor allem positiven Geschichten über unser Miteinander aus, stellen das eigentlich selbstverständlich geglaubte unentwegt in Frage und schaffen Räume in denen wir eine andere Realität nicht nur erahnen, sondern auch erleben können. Geschichten, die eine andere Art der Verbundenheit zu Mitmenschen und Natur voraussetzen. Ich bin nicht so naiv, in all dem eine einfache Lösung für all unsere Probleme zu sehen oder zu glauben, damit die notwendigen politischen Kämpfe ersetzen zu können. Aber zumindest zeigen diese gelebten Gegennarrative einen Weg auf und machen ein Angebot, das an eine andere, optimistische Vorstellung von Zukunft geknüpft ist und nicht nur den drohenden Weltuntergang verhindern möchte. Ich glaube, damit lässt sich mehr in Menschen bewegen, als mit dem bloßen Verweis auf eine Uhr, die nun schon seit einigen Jahrzehnten auf fünf vor zwölf steht.

Ich durfte in den letzten Jahren am eigenen Leib erfahren, wie es sich anfühlt, wenn sich alte Selbstverständlichkeiten auflösen und sich nicht nur der Blickwinkel, sondern auch die emotionalen Reaktionen auf die eigene Umwelt neu ausrichten. Die Vorstellung, meine Musik zu verkaufen, fühlt sich für mich inzwischen tatsächlich absurd an, obwohl ich mich noch genau daran erinnere, dass es doch eigentlich das Normalste auf der Welt war. Und während es mir am Anfang fast schon körperlich widerstrebte, meine Reichweite und Publikumsgröße bewusst zu schrumpfen, sind mir inzwischen andere Faktoren wie Nähe und Resonanz viel wichtiger geworden. Kurz gesagt habe ich das Gefühl, dass mir nun immer öfter die richtigen Dinge egal sind. Das Loslösen von Marktstrukturen und Wachstumslogiken hat mir große Teile der Entfremdung genommen, die genau diese rein wirtschaftliche Art zu arbeiten und zu denken ganz automatisch mit sich bringt.
Mein ideologischer Umzug, der eigentlich schon vor Jahren begonnen hatte, konnte also erst fruchten und Dinge in mir nachhaltig verändern, nachdem ich ihn für längere Zeit in die Praxis umgesetzt hatte.

Die Welt scheint immer noch Kopf zu stehen und mein eigentlich positives Menschenbild musste einiges einstecken in den letzten Jahren. Ich habe nach wie vor nicht selten das Gefühl, von der Nachrichtenlage und der gesellschaftlichen Spaltung, samt des immerwährenden Stellungskrieges in den sozialen Medien, einfach erschlagen zu werden. Aber was ich in den letzten drei Jahren persönlich erleben durfte, allen voran die menschliche Wärme, die mir entgegengebracht wurde, zeigt mir eine Seite an uns, die mich hoffnungsvoller in die Zukunft blicken lässt, als es die Umstände eigentlich zulassen sollten. Die persönliche Erfahrung, entgegen aller Befürchtungen und Ängste, mit der Entscheidung mich verwundbar zu machen und zu vertrauen nicht zu scheitern, sondern so aufgefangen zu werden, hat mich davor bewahrt, zum Zyniker zu werden. Dafür bin ich dankbar.

Ich brauch' nicht lang drüber reden
Was mich jetzt noch auf den Beinen hält
Und so stell ich ihr uns entgegen
Der Beschissenheit der Welt

Epilog

Wenn das gerade mal nicht der ideale Moment war, um einen Text abzuschließen ... Aber ich hatte euch ja im Prolog ein zweites Ende versprochen. Dazu muss ich sagen, dass ich alles was ihr hier gelesen habt im Frühjahr und Sommer 2021 im Anschluss an eine depressive Episode geschrieben habe. Tatsächlich war es das erste Mal, dass ich diesem Gefühlszustand, der mir nicht neu ist, einen Namen gegeben habe. Da war ich also wieder, und dabei hatte ich doch so vieles verändert. Ich habe mir also überlegt, mich über das Schreiben zu sortieren und so die letzten Jahre, die mir auch einiges an Kraft abverlangt hatten, nochmal aufzuarbeiten. Aber mit den ersten Kapiteln und begleitet von einer Psychotherapie, die ich wohl schon wesentlich früher mal hätte in Anspruch nehmen sollen, wurde schnell klar, dass ich noch ein ganzes Stück weiter zurückblicken muss um meinen Frieden zu finden.

Ich möchte zum Schluss einen Kreis schließen und mit dem Anfang enden.

S
elbstgespräche führn'
Mit einem Glas voll schlechtem Wein
Fühl mich endlich hier zur Hause
Nur noch immer nicht daheim
So ist das eben wenn die Zeit verbrennt und du vergehst
Während der Wein hilft
Dass du dich noch sehr viel schneller um dich drehst
Als sowieso schon

Man schaut so aus dem Fenster
Ist das Frühling oder Herbst?
Und verflucht das öde Sonnenlicht
Das in den Augen schmerzt
Selbst das schöne Wetter interessiert sich nicht für mich
Und mein letzter Freund das Glas
Ist bald genauso leer wie ich

Nicht einmal mein Suff versteht mich noch
Bin ich allein mit ihm sieht er mich böse an
Während er mit mir Gedankenstricke knüpft
Wenn sie fertig sind erhäng' ich mich daran

Ich flieg in die Luft, fliegst du mit?
Egal wohin
Exoplodiern' statt implodiern'
Und dazwischen keine Zeit verliern'
Alles Gute absorbiern'
Schau mir in die Augen, du spiegelst dich darin
Geteiltes Leid ist auch scheiße …
Aber nicht mehr ganz so schlimm

„Gedankenstricke“ war vor fast fünfzehn Jahren das erste Lied, das ich als „Spaceman Spiff“ geschrieben (oder damals eher aufs Papier gekotzt) habe und ich denke man kann ganz gut herauslesen, dass es mir auch zu diesem Zeitpunkt nicht besonders gut ging. Ich war nach Abitur und Zivildienst von meinem kleinen Heimatdorf nach Würzburg gezogen, um in einem autonomen Kulturzentrum, dem „AKW“, ein Praktikum zu absolvieren. In der unterfränkischen Provinz aufgewachsen, eröffneten sich mir in der „großen“ Stadt auf einmal völlig neue Horizonte und ich hatte das Gefühl, zum ersten Mal in meinem Leben auf „Meinesgleichen“ zu treffen. In meiner WG im Dencklerblock, zwei abgeranzten Fünfzigerjahre-Bauten mit wunderschön zugewucherten Innenhöfen, die vor allem von vielen jungen „Alternativen“ bewohnt wurden, dachten die Leute ähnlich wie ich. Wir kochten und aßen gemeinsam, veranstalteten Konzerte im Hof, bauten einen alten Dachboden zum Kino um und einmal im Monat gab es mit „Literatur im Flur“ eine kleine Lesung in einem der Treppenhäuser. Es wurde alles geteilt und ich kann mich an Filmabende erinnern, an denen wir am Ende todmüde zu viert im gleichen Bett einschliefen. Die Zeit hat mich wahnsinnig geprägt und wahrscheinlich auch ein bisschen verdorben, weil ich damals glaubte, dass das ab jetzt einfach für immer so sein würde und mangels anderer Erfahrungen davon ausging, dass WG-Leben grundsätzlich so aussähe.

Gleichzeitig geriet ich auf meiner Arbeit im AKW zwischen die Fronten einer Schlammschlacht um die Zukunft des sich kurz vor der Insolvenz befindlichen Kulturzentrums. Es war ein ganz schöner Schock für mich wie in meinem frisch entdeckten Refugium auf einmal hinter den Rücken gesprochen und nicht mehr mit- sondern vor allem gegeneinander kommuniziert wurde. Gerade hier, wo ich mich zum ersten Mal mit so etwas wie einer beruflichen Tätigkeit komplett identifizieren konnte und ich das Gefühl hatte, dass im Grunde doch alle am selben Strang ziehen, kollabierte alles um mich herum, weil das Geld knapp wurde. Ich war mit einem Schlag komplett desillusioniert und verarbeitete meine daraus folgende emotionale Krise später in „Gedankenstricke“. Ein bisschen jugendlich pathetisch, aber mit Zeilen die man als Überschrift für alles nehmen könnte, was mich in den folgenden fünfzehn Jahren (an)getrieben hat.

Schau mir in die Augen, du spiegelst dich darin
Geteiltes Leid ist auch scheiße …
Aber nicht mehr ganz so schlimm


Auch die Blase im Dencklerblock konnte der „echten Welt“ nicht lange standhalten, ich schrieb hoffnungsvoll traurige Lieder darüber, fing an Sport zu studieren, weil ich sonst nichts mit mir anzufangen wusste, schrieb wieder hoffnungsvoll traurige Lieder darüber, brach das Studium nach zwei Semestern wieder ab, nahm Ende 2008 bei einer Probesession im Tonstudio Würzburg innerhalb von einer Stunde versehentlich mein erstes Album „Bodenangst“ auf, zog nach Hamburg und wurde dort Musiker. Das hätte ohne die ganze Schwere wohl nie so geklappt. Auf jedes Album folgte eine mal mehr mal weniger tiefe emotionale Krise, die ich dann in wieder neuen Texten verarbeiten konnte. Krisen von denen ich heute weiß, dass sie depressive Episoden waren. Ich glaube, all die Krisen sind in Wirklichkeit ein und die selbe Depression, die nie ganz verschwindet, auch wenn ich es manchmal schaffe, sie über mehrere Jahre hinweg mit Touren oder Reisen zu verdrängen und mit Aufgaben zu überdecken, die ich mir selbst stelle. Bis sie wieder anklopft, mich in die nächst Runde treibt und neue Lieder schreiben lässt. Ich glaube außerdem, dass diese persönlichen Erfahrungen eng mit der beschriebenen gesellschaftlichen Depression verwoben sind, und dass ich die daraus resultierenden Gefühle mit vielen Menschen teile, die sich über die Jahre in meinen Liedern wiedergefunden haben. Die Sehnsucht nach einer Andersartigkeit der Verhältnisse, die Suche nach Sinn in einer Gesellschaft deren Sinnangebote mir schon immer völlig fremd schienen, Einsamkeit, Trost und das Bedürfnis all das mit einem Gegenüber oder einer Gemeinschaft zu teilen, ziehen sich wie ein roter Faden durch fast alles was ich geschrieben habe.

Wenn ich mich als das Lebewesen betrachte, das ich bin und mir die Frage stelle „Was macht das Tier denn da eigentlich? Und was will es überhaupt?“, wird deutlich, dass meine Lieder nichts anderes sind als der Versuch zu kommunizieren bzw. mit mir selbst und meinem Umfeld in Verbindung zu treten. Dort wo die Sprache nicht ausreicht, um das zu transportieren was ich sagen möchte, hat das Tier die Musik gefunden um sich auszudrücken.

Während der Arbeit an diesem Text hier, habe ich zum ersten Mal seit einem Jahr wieder ein Lied geschrieben. Ein erneuter Versuch, mit der Welt in Kontakt zu treten.

Manchmal fehlen mir die Vokabeln
Ich hör die Sätze kommen und gehen

Worte verliern' ihre Bedeutung
Ich kann mich selbst nicht mehr verstehen
Wenn mein Gefühl noch nicht bereit ist
Die große Stille aufzufangen
Fühlt sie sich an wie eine Leere
Eine Leere die ich nie mehr füllen kann

Und weil mein Name nur noch ein Geräusch ist
Und der Wind vergeudet auf meinem Gesicht
Sag ich's allen Leuten
Das Leben ist Bedeutungslos
Doch keine Angst
Das hat nichts zu bedeuten

Irgendwann bin ich am Tiefpunkt
Sie sagen das sei nicht gesund
Doch ich weiß nur in der Tiefe

Geht man Dingen auf den Grund
Wenn die Ideen nicht mehr tragen
Und ich merke ich bin viel zu weit gerannt
Fühlt es sich an wie eine Leere
Eine Lehre die mir nichts beibringen kann

Und weil mein Name nur noch ein Geräusch ist
Und der Wind vergeudet auf meinem Gesicht
Sag ich's allen Leuten
Das Leben ist Bedeutungslos
Doch keine Angst
Nur keine Angst
Das hat nichts zu bedeuten

Und weil du meinen Namen wieder aussprichst
Und der Wind so kühl wirkt auf meinem Gesicht
Sag es allen Leuten
Das alles ist Bedeutungslos
Und deine Angst
Sie hat nichts zu bedeuten


Ich musste vier Mal ansetzen, um Ein Geräusch meiner Freundin vorzuspielen, ohne dabei in Tränen auszubrechen. Und selbst beim vierten Versuch habe ich mich mit feuchten Augen und zittriger Stimme durchgemogelt. So etwas ist mir noch nie zuvor passiert, jedenfalls nicht in dieser intensiven Körperlichkeit. Manchmal bin ich von meinen eigenen Texten überrascht, muss sie selbst erst interpretieren und lerne dabei, was gerade eigentlich mit mir los ist. Mir ist aufgefallen, dass „Gedankenstricke“ und „Ein Geräusch“ im Prinzip das gleiche Lied sind. Letzteres ist nur um einiges differenzierter und geht ein ganzes Stück weiter in die Tiefe, aber letztendlich geht es um das gleiche Thema: Die Suche nach Verbundenheit als Ausweg aus einem Zustand der Sinnlosigkeit und Isolation
.

Für mich fühlt es sich so an, als hätte ich mit den Zeilen endlich zusammengefasst, was ich in den letzten fünfzehn Jahren sagen wollte. Und zwar nicht nur allen Leuten, sondern auch mir selbst.

Mein Beruf bringt mich immer wieder auf wunderbare Art und Weise in den intensiven Kontakt zu meinen Mitmenschen, aber eben immer nur von kurzer Dauer und nie nachhaltig und erfüllend. Am Ende des Tages bin ich immer der einsame Solokünstler, der sich die meiste Zeit durch seine eigene Gedankenwelt schlägt und zu einem Außen verhält. Natürlich habe ich Freundschaften, Mitmusiker*innen und Beziehungen, aber in der Sache über die ich mich seit zwei Jahrzehnten identifiziere und auf die ich immer wieder zurückfalle wenn alle Stricke reißen, bin ich letztendlich alleine, trage die Verantwortung und mache mit mir selbst aus, wohin die Reise geht. Ich habe dabei nie so etwas wie eine professionelle Distanz zu meiner Arbeit entwickelt und meine Person immer komplett mit auf sämtliche Bühnen genommen. Touren und Konzerte ballern einem im Künstlerberuf, wie bereits beschrieben, die Endorphine nur so um die Ohren, aber ich glaube verstanden zu haben, dass mich schon immer andere Dinge angetrieben haben und ich immer wieder den Fehler begehe, Aufmerksamkeit mit Verbundenheit zu verwechseln. Es ist schon ein bisschen witzig, weil diese Fehleinschätzung so sehr im Zeitgeist liegt und die sozialen Medien aus ihr sogar ein erfolgreiches Geschäftsmodell zusammengeschraubt haben.

Es besteht immer die Gefahr, sich selbst im Nachhinein für das eigene Verhalten eine Kohärenz zusammenzureimen, aber mir scheint alles darauf hinzudeuten, dass ich seit Jahren von meinem Bedürfnis nach Verbindung angetrieben werde. Ich glaube es ist kein Zufall, dass ich dabei irgendwann auf die Konstituiertheit unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens gestoßen bin und wenn man nur genau genug hinschaut, fallen dabei gezwungenermaßen all die Widersprüchlichkeiten und Ungerechtigkeiten im System auf. Die ganze Idee hinter dem Befreien von Verwertungslogiken, der Ent-Entfremdung, ist dabei auch der verzweifelte Versuch, endlich von der bloß eingleisigen Aufmerksamkeit, in meiner Rolle als Solokünstler, in ein tieferes gegenseitiges Resonanzverhältnis zu kommen. Selten hat sich etwas so befreiend angefühlt wie meine Tour mit dem grünen Klappstuhl auf der Bühne. Letztendlich habe ich dabei die Anordnung bei einem Konzert zum ersten Mal so für mich gestaltet, dass ich die unsichtbare Wand zwischen mir und dem Publikum ein Stück weit einreißen konnte. Aus der üblicherweise relativ einseitigen parasozialen Beziehung wurde so bei der Mehrzahl der Abende ein spürbar gemeinschaftlicheres Gefühl. In meinem „Was tun(?)“-Podcast strecke ich die Hand aus, um all diese Themen mit anderen zu Teilen und über mein „Hängen mit Hannes“-Projekt brauche ich wohl keine Worte zu verlieren, wo doch allein der Name schon Bände spricht. Aber selbst mit der Neuausrichtung meines Berufes, bei der ich so viel gelernt habe und die so vieles besser gemacht hat, habe ich mich gleichzeitig auf einer anderen Ebene noch weiter isoliert, habe ich doch mit meiner eigenen kleinen Geschichte eine neue individuelle Realität geschaffen und diese dann alleine getragen. Ein roter Faden, den es immer aufrecht zu erhalten galt. Die Corona-Pandemie hat mir den Rest gegeben und mich in eine depressive Episode gestürzt, die ich dieses Mal nicht durch die Flucht in eine andere Stadt oder wieder neuen Aktionismus einfach verdrängen konnte. Und ich glaube, dass es wichtig war, dass es genauso passiert ist.

 

Was ich damit sagen möchte ist, dass ich etwas Grundlegendes ändern muss. Ich habe die Wahl, mich nicht mehr vorwiegend mit einer Sache zu identifizieren, die mich schon so lange in der Rolle eines Einzelgängers verhaftet. Mein "Künstlerdasein", das mir gleichzeitig so viele wunderbare Momente beschert, mit dem ich Menschen berühren kann und über das ich mich allen Themen annähere die mich bewegen, an zweite oder dritte Stelle rücken. Oder ich höre auf mit dem Versuch, das Problem mit der Vereinzelung individuell zu lösen und führe, was ich mit mir als isoliertem Mittelpunkt begonnen habe, konsequent zu Ende. Ich verbinde meine neugefundene Nische mit Anderen und hoffe, dass daraus ein Haus wird, in dem der Wind mich nicht ständig fortwehen kann, eine Gemeinschaft zum Teilen der Bedeutungslosigkeiten und Dinge anders machen.

Ein Rudel für das Tier.



Nachtrag


Hallo nochmal,

nachdem dieser Essay seit Juni quasi fertig auf meiner Festplatte lag und sich nicht sicher war, ob er nicht doch zu persönlich oder überhaupt „gut genug“ ist, um veröffentlicht zu werden, möchte ich zum Abschluss ein paar Worte meines aktuellen Ichs aus dem Hier und Jetzt nachreichen:

Zunächst ist es wohl wichtig zu erwähnen, dass es mir im Moment sehr gut geht. So gut wie seit langem nicht mehr. Das hat mit sehr vielen Dingen zu tun, über die sich auch wieder ein ganzes Buch schreiben ließe. Aber dieser Text war im letzten Jahr sicherlich ein elementarer Teil des Prozesses, der mich an diesen Punkt gebracht hat. Ich hab mich entgegen aller Unsicherheit dazu entschieden, ihn zu veröffentlichen, weil er sich liest wie eine Zäsur. Eine Abschlussarbeit nicht nur über all das, was in den letzten Jahren auf dieser Seite hier passiert ist, sondern auch über mein komplettes künstlerisches Schaffen bisher. Es wäre ja nicht das erste Mal, dass ich meinen „Job“ für eine längere Zeit auf Eis lege, aber dieses Mal fühlt sich die Zäsur schon nochmal ein ganzes Stück intensiver an. Für die Zukunft ist für mich momentan vom Suchen einer Band oder eines Kollektivs über das Konzentrieren auf Podcasts und Texte bis hin zum nur projektbezogenen Arbeiten im Prinzip alles denkbar.

Wenn euch dieser Blogartikel etwas gegeben hat, seid ihr herzlich dazu eingeladen, mir eine Nachricht zu schreiben oder einen Kommentar zu hinterlassen (auch wenn ich gerade eher nicht darauf antworten werde, lesen tue ich alles) und ich freue mich auch wie immer über ein paar Euros als Unterstützung für meine Arbeit. Es besteht aber durchaus die Möglichkeit, dass ihr hier gerade Zeuge eines persönlichen Mike Drop Moments geworden seid. Wahrscheinlich ist das auch der eigentliche Grund, warum ich mit der Veröffentlichung dieses Artikels so lange gewartet habe. Ich hab keine Ahnung wie es danach weiter geht.

Danke fürs Hinhören, von ganzem Herzen!

Hannes

P.S. Weil das hier kein reiner Sachtext ist und ich auch mittelfristig nicht vorhabe, Bundeskanzler zu werden, habe ich mich gegen das Setzen von Fußnoten entschieden. Stattdessen gibt es hier eine kleine Linksammlung mit Texten, Podcasts, Vorträgen und Dokumentationen, die für die Entstehung dieses Essays wichtig waren oder mich in den letzten Jahren inspiriert haben.

P.P.S. Ein großes Dankeschön an Peter, Mara, Daniel, Klara, Simon, Nicole, Posty, Eva, Finn, Livia und Clara fürs Probelesen und kluge Gedanken haben!

 

P.P.P.S. Inzwischen hab ich so etwas wie eine Fortsetzung zu diesem Text veröffentlicht. Ihr findet sie HIER in meinem Blog.

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Kommentare: 24
  • #1

    *marcel (Sonntag, 26 Dezember 2021 16:39)

    Die schönsten Spiegel baut der Hannes.

    Danke lieber Hannes fürs Verbinden!
    *marcel

    …und nicht ohne Stolz freue ich mich als langsamster Leser der Welt der erste Kommentator zu sein!

  • #2

    Thomas (Sonntag, 26 Dezember 2021 16:49)

    Lieber Hannes, wir (meine wunderbare Frau und ich) konnten dich jetzt schon ein paar Mal live hier oben im Norden sehen. Von ganz klein und kuschelig (Greifswald) bis richtig groß (Große Freiheit in Hamburg). Deine Texte und Melodien begleiten uns beide seit mehr als 10 Jahren und berühen immer wieder aufs Neue. Sei bedacht und bedankt für all dies.

  • #3

    Felix (Sonntag, 26 Dezember 2021 19:22)

    Lieber Hannes,
    Ich fühle mich auf merkwürdige Weise tief verbunden
    mit dir, obwohl wir persönlich rein gar nichts miteinander zutun haben. Es hat mich etwas Zeit gekostet dein Essay zu lesen, doch hat es sich sehr gelohnt und ich konnte in vielen Zeilen etwas erkennen, dass mich in ähnlicher Weise (schon lange) umtreibt. Dafür möchte ich dir danken!

    Felix

  • #4

    Olli (Sonntag, 26 Dezember 2021 19:45)

    Lieber Hannes, nach dem Lesen deines Textes zunächst einfach mal großes DANKE !!!
    Ich habe das Gefühl, dass mir Vieles sehr bekannt und vor allem nachvollziehbar vorkommt.
    Von Herzen alles Liebe und Gute für dich und für all die Entscheidungen, die kommen werden und zu treffen sein werden. ��

  • #5

    Änni (Sonntag, 26 Dezember 2021 23:35)

    Lieber Hannes,

    ich bin froh, dass ich mir heute mal wieder die Zeit genommen habe, Dein Blog zu lesen. Deine Musik begleitet mich, seit ein lieber Freund mir eines Tages ohne großen Kommentar Datum & Location deines Auftritts schickte. Ich war verwirrt, weil mein Kumpel über tausend Kilometer weit weg wohnt, aber ich nahm den Tipp gerne an, ohne deine Musik vorher probezuhören. Ich sah dich an diesem Abend in der Kulturbar Greifswald und war von Beginn an hin und weg von deinen Melodien & Texten. Deine persönliche Reise erstaunt mich immer wieder und ich bin nach wie vor gespannt, wo sie dich, mich, uns noch hinführt. Möge die Sonnenseite des Lebens die schattigen Zeiten stets überstrahlen! <3

    LG von der Ostseeküste, Änni

  • #6

    Berti (Montag, 27 Dezember 2021 00:26)

    Ich möchte Teil deiner Verbundenheit sein und eintauchen in die Gemeinschaft!

  • #7

    Laura H. (Montag, 27 Dezember 2021 01:12)

    Lieber Hannes,
    Ich schreibe selten Kommentare und bleibe mit meinen Gedanken oft alleine. Umso mehr bewundere ich, dass du die deinen mit uns teilst. Die eine Stunde, deinen Text zu lesen, mich dabei immer wieder selbst unterbrechend, um mir Gedanken zu diktieren, die ich vielleicht nie wieder anhöre, war sicher eine der wertvollsten Stunden in den letzten Tagen oder sogar Wochen. Vielen Dank dafür!
    Vielleicht ist der Kommentar für mich auch ein erster Schritt, in Zukunft weiter zu denken und die Gedanken auch zu teilen.

  • #8

    Gabriela (Montag, 27 Dezember 2021 07:22)

    Lieber Hannes, ich habe deinen Text seit gestern Abend in einzelnen Abschnitten gelesen, bedacht und nochmals “zu Gemüte geführt”. Danke für deine Offenheit, die den Schnee auch bei mir aufwirbelt! Danke!

  • #9

    Sebastian (Montag, 27 Dezember 2021 11:56)

    Ich weiß tatsächlich noch genau, wie ich dich damals auf Myspace entdeckt und zum ersten mal gehört habe. Es gibt ja diese Momente im Leben, an die man sich irgendwie bildhaft erinnern kann (oft auch vermeintlich bedeutungslose Momente bei denen man sich fragt "warum kann ich mich eigentlich daran erinnern?"). Auf jeden Fall habe ich dieses Bild wie ich in meiner WG, damals noch junger Student, am Laptop sitze und deinen ersten Songs lausche noch genau vor Augen. Danke für die Melancholie über all die Jahre.

  • #10

    Tabea (Dienstag, 28 Dezember 2021 00:06)

    Lieber Hannes,
    tausend Dank Dir für´s Teilen Deiner Gedanken und Gefühle und das schon seit so langer Zeit. Seit wir Dich mit Enno auf der Bühne erlebt haben, bist Du jemand, der meinen Gedanken und Emotionen Worte gibt. Unser Sohn ist mit Deinen Liedern aufgewachsen. In einer sehr schwierigen Phase kamst Du mit Deiner Aktion "Hängen mit Hannes" und ich konnte in der virtuellen WG mit fremden Freund*innen über alles reden, was ich mit mir herumschleppte. Wir fühlen uns so sehr mit Dir verbunden. Danke für alles! Und bitte vergiss nicht: Wenn Du ein Sofa zum Übernachten brauchst, wir haben eines. Wenn Du etwas essen möchtest, mein Sohn wird Dir Nudeln kochen. Wenn Du eine Bühne brauchst, ich finde eine.

    Fühl Dich herzlichst umarmt, Tabea

  • #11

    Jörtg (Dienstag, 28 Dezember 2021 13:12)

    Hey Hannes,
    einfach "Danke" für den Text (ein Buch wäre kein Problem für Dich!). Das Schreiben aus dem Inneren heraus ist eine Öffnung zum Leser die man nur bewundern kann. Und Dein Text verbindet soviele Gefühle miteinander und gibt soviel Auskunft über Dich, Dein Schaffen, Dein Werk. Danke dafür! Und hoffentlich darf ich mal bald wieder Publikum für Dich sein. Waren immer tolle Abende mit Dir.

    Nur das Beste für 2020 und die Zukunft.
    Jörg

  • #12

    Jörg (Dienstag, 28 Dezember 2021 13:14)

    Nochmal ich, sollte natürlich 2022 heißen. Und eine Bühne zum Auftreten hättte ich auch vor Dich (kleiner Kinosaal im Ruhrgebiet).

  • #13

    Lisa (Dienstag, 28 Dezember 2021 22:12)

    Lieber Hannes,
    * VIELEN DANK *
    Ich kenne deine Musik seit meinem Abi 2011 und habe mich immer so sehr in deinen Texten erkannt.
    Deine Worte und Wortwolken sind atem-beraubend treffend und traurig-schön. Nicht selten war ich neidisch auf deine Talente ... aber Rom wurde auch nicht an einem Tag - usw.
    Ich habe dein Essay nicht ganz gelesen - ich sitze an meiner Bachelorarbeit, die an meinen Vorstellungen, Idealen und Träumen rüttelt und sie durcheinander schüttelt. Ich lese viel am Computer und Corona beschert mir wahrscheinlich bald eine Brille ... ;) Heute Abend habe ich einen Teil deines Essay gelesen und höre mal wieder in deine Musik rein. VIELEN DANK für deinen Mut, dein Engagement, deine Kraft, deine Ehrlichkeit, deine Musik und Worte ... und alles.
    Ich wünsche dir, dass es '22 für dich genauso und besser (i.Sinne von Entwicklung und Empowerment) weiter geht und du Altes abschütteln und Neues nachwachsen lassen kannst!!
    Lisa

  • #14

    Pris ca. (Mittwoch, 29 Dezember 2021 08:31)

    Lieber Hannes,
    es gäbe vieles Zu sagen, ich werde stattdessen nur ein bisschen schreiben. ;-)

    Aus der Perspektive, wenn ich mit meiner 10-Köpfigen, 20-Ohrigen und 40-Hufigen Pflegeeselherde arbeite, kann ich deine Kritik an Worten und Sprache verstehen. Da wird auch nur gerufen, wenn man einige von der Herde trennt und sonst sogar geräuschlos kommuniziert.

    Ich hatte kürzlich den Gedanken, dass das Dilemma des Menschen (das sich in Symbolisch im Kapitalismus zeigt?) Darin besteht, das unser Gehirn unglaublich viel Energie frisst. Je mehr wir wurden desto Schwieriger erschien es, alle Angehörigen unserer Art ausreichend mit Nahrung und Wärme zu versorgen. Ich habe aber den Eindruck, dass uns großer Grips (der Evolution zufolge muss er ja irgendeinen Vorteil haben) uns gleichzeitig die Fähigkeit an die Seite stellt, dass wir unseren (physischen) Energiebedarf decken können, ohne anderen Lebewesen oder unserem Planeten zu schaden, in dem wir neue und kreative Lösungen finden.

    Am schwierigsten gestaltet sich dabei m.E. die Kommunikation unsere "tierischen Teils" mit dem, der uns zu Kulturwesen macht und uns ermöglicht, sich über andere Lebewesen und die natürlichen Gegebenheiten zu erheben (In neueren psychologischen Theorien spricht man teilweise von unterschiedlichen "Gehirn[teil]en" [genau genommen der Steuerung des autonomen Nervensystems] von denen manche auf einem sehr viel "niedrigere" evolutionären Niveau arbeiten, aber deswegen nicht weniger wichtig für uns als Ganzes und unser Überleben sind.).

    Unsere größte Aufgabe als Menschheit ist es daher aus meiner Sicht, an unser innerpsychischen (auf dieser Ebene aber auch durchaus innerphysischen) und innergesellschaftlichen Kommunikation zu arbeiten.

    Einfach die Sprache wegzulassen würde wohl der Komplexität unseres Organismus nicht gerecht, auch wenn sie so oft zu Missverständnissen und dem Gegenteil von Verständigung führt. Ich glaube, dass sie nicht nur ein Hindernisse ist, sondern ebenso ein Weg sein kann, mit unserer komplexen Innen- und Umwelt in Kontakt zu treten und umzugehen, in dem wir uns ausdrücken.

    Ich sehe die Schwierigkeit in der individuellen wie gellschaftlichen Integration unserer verschiedenen Anteile, die uns als ganzes zum Menschen machen.

    Ich würde mir sehr wünschen, dass dafür Sorge zu tragen in Zukunft einer der wichtigsten Motive und Triebfedern in der menschliche Entwicklung wird. Denn ich glaube vieles, was wir zerstören und wo wir uns selbst in Weg stehen, sind letztlich Folgen einer mangelhaften Fähigkeit, mit dem eigenen physischen und vor allem auch psychischen Dasein umzugehen. Ich denke grundsätzlich, dass wir alles, was wir brauchen um unsere Probleme als Menschheit zu lösen, als Menschen in uns tragen. Es geht darum Schlüssel und Schloss zusammenzubringen. Deswegen sollten wir, neben allem anderen, uns gewissermaßen an der eigenen Nase fassen und bei unserem Umgang mit uns selbst und unseren Artgenossen anfangen. Ich glaube das könnte vieles zum Guten wenden, bin aber unsicher, ob das uns als Menschheit tatsächlich gelingt.

    "Feuer und Köpfe frei
    Für alles neu

    Das kleine Feuerwehrauto in Flammen
    Die Ironie kann jeder sehen
    Die Lösung ist das Rätsel
    Die Rettung das Problem"

    Ganz liebe Grüße aus Hamburg

    Prisca

  • #15

    Marie (Freitag, 31 Dezember 2021 00:45)

    Lieber Hannes,
    herzlichen Dank für deinen Mut und die Offenheit, doch so persönliche Gedanken mit uns zu teilen.

    Es hat mich sehr zum Nachdenken angeregt.

    Mir ist gerade etwas zum Thema "Kapitalismus" eingefallen.
    Ich bin ein 89'er "Wendekind" und in den "neuen Bundesländern" groß geworden.
    Das Leben in der DDR hat meine Eltern geprägt, sowie natürlich jeder durch seine Lebensumstände geprägt wird.
    Neulich habe ich mir viele Folgen der Serie "Weißensee" angesehen, die (nach Aussage meiner Eltern) doch recht authentisch, wenn auch inhaltlich zusammengepresst, die Probleme des Lebens in der DDR beschreibt. Die Serie kann ich nur empfehlen.
    Darin sieht man auch schmerzlich, wie die DDR-Politik die Menschen zertrennen und sogar Familienangehörige untereinander verfeinden konnte.

    Nun bin ich die Weihnachtstage über mal wieder bei meiner Schwiegermutter im Raum Wiesbaden gewesen, habe liebe internationale Menschen wiedergetroffen, die ich z.T. noch aus meiner 10 jährigen Zeit in Frankfurt am Main kenne.
    Die Vielfältigkeit der Lebenshintergründe und Nationalitäten hat mich heute in der Frankfurter U- Bahn so beeindruckt.
    Und eben wurde mir klar, wie dankbar ich für die weitgehende "Offenheit" des Geistes bin, die Menschen in einem doch so (mag es kaum so nennen, denn ich sehe die Probleme genau wie du) kapitalistisch orientierten Land möglich ist.
    (Damit möchte ich nicht sagen, dass ehemalige DDR Bürger nicht offen seien. Nur ist es ja so, dass bestimmte Lebensumstände mitunter auch Narben und Spuren hinterlassen !können! .)

    Wie gesagt, ich bin politisch links-grün orientiert, und sehe Vieles hier auch sehr problematisch. Aber wenn ich an die DDR denke und so einige Staaten die nicht "kapitalistisch" orientiert sind, .... fallen mir auch wieder positive Seiten an unseren Lebensverhältnissen auf.

    Es gibt so gute Ideen - Gemeinwohl-Ökonomie, etc. ... Wie du ja auch sagst, wichtig ist auch, was wir! daraus machen und welche Ziele sich die Menschen setzen.
    Darum finde ich u.a. diese Gedanken von dir so wertvoll, weil es immer wieder darum geht, gedanklich weiter zu kommen und neu zu denken. Ich denke, das müssen wir üben und es fängt mit der Ausgestaltung des Schulsystems an, wie bereit wir sind, die eingefahrenen Schlittenspuren immer wieder auch zu verlassen.

    Der Gedanke vorhin hat mich ein bisschen positiv gestimmt (auch wenn ich wenig Ahnung habe und bestimmt allerhand verdränge oder nicht sehe).

    Besten Dank für deine wichtige Arbeit und von Herzen alles Gute für deinen persönlichen Weg!
    Marie

  • #16

    Mirko (Freitag, 07 Januar 2022 14:58)

    "Irgendwann bin ich am Tiefpunkt
    Sie sagen das sei nicht gesund
    Doch ich weiß nur in der Tiefe
    Geht man Dingen auf den Grund"

    Wow! Diese Zeile hat mich gerade im richtigen Moment vom Hocker gehauen. Danke dir für deine Offenheit in Allem und deine Anregungen, wie man das Band- und Künstler*innenleben noch so gestalten kann. Du regst uns auf jeden Fall immer wieder zu neuen Gedanken an. :-)
    Hab es gut und bis bald mal irgendwie, irgendwo und in irgendeiner Form.
    Mirko

  • #17

    franziska (Sonntag, 09 Januar 2022 21:57)

    mir kommt ein gedicht von hilde domin in den sinn:

    nicht müde werden
    sondern dem wunder
    leise
    wie einem vogel
    die hand hinhalten

    alles gute für dich, hannes!

  • #18

    Schneewittchen (Montag, 10 Januar 2022 17:18)

    Lieber Hannes,
    Danke, dass Du Dir all die Gedanken machst, und Deine Verantwortung als Mensch und Mitmensch so ernst nimmst. Aber ich wünsch Dir auch Leichtigkeit, denn fröhlich lässt sich die Welt noch besser verändern :)
    Es freut mich zu hören, dass Du dem Dämon Depression (der sich in Deinen Liedern tatsächlich schon sehr deutlich gezeigt hat - zumindest denen, die ihm schon begegnet sind) nun auch mit Erfolg entgegen trittst, oder ihn so in Dein Leben integrieren kannst, dass er Dich nicht beherrscht.
    Ein Buch von Dir würde ich lesen. Deine Musik hören sowieso immer.
    Ich wünsch Dir das Beste. Hoffentlich kommst Du mal wieder nach Wien, dann rühre ich gerne die Werbetrommel :)
    Alles Liebe!

  • #19

    William (Dienstag, 11 Januar 2022 00:39)

    Dankeschön

    Ich will anschließenden einen meiner vorkommentatoren der sagte wir müssten um wirklich weiterzukommen unsere inner psychischen Hürden bewältigen. Ich find den Gedanken gut und denke das es darum geht um uns wahrlich weiter zu entwickeln müssen wir neue Pfade gehen und alte verschwinden lassen. Mut und Kreativität ist eine Sache. Aber um Depression zu bewältigen die unsere Gesellschaft immer mehr einnimmt braucht es mehr Verstehen. Du hast mit deinem Bild Neuschnee über alte Wege zu bringen, dazu eingetragen. Ich glaube umso mehr Ausdrucksweisen wir finden in der Gesellschaft, umso klarer und einfacher wir es fassen können umso mehr lernen wir kollektiv. Wenn alle es gelernt haben bewältigen wir Probleme und entwickeln uns weiter zu mehr Gemeinschaft und Verbundenheit. Schön das ein Teil von uns allen, also du Worte findest um das auszudrücken was soviele von uns fühlen. Jemand anderes den ich zurzeit lese kann diese Weisheiten für mich auch sehr klar formulieren Yung pueblo heißt er. Vielleicht finden Menschen hier auch beim ihm noch Erkenntnisse die uns zu besseren verhelfen.

  • #20

    Erik (Mittwoch, 12 Januar 2022 12:19)

    Wow. Das waren mal 70 gut investierte Leseminuten.

    Lieber Hannes.
    Vielen Dank für deine Offenheit, deine Inspiration und deine unglaubliche Denkleistung, die du in eine tolle Sprache gießt.
    Ich habe ein paar Jahre nach dir in Würzburg studiert und habe mal in einer WG über dem Cafe Michel gewohnt, in der alle Mitbewohnerinnen große Spaceman-Fans waren. Ich dagegen fand das alles Emo-Kram und Gesäusel. Mit jedem Jahr das verging, habe ich deine Musik und dich besser kennengelernt und dieser Essay ist nun auch für mich eine Zäsur in meiner Spaceman-Beziehung.
    Ich kenne wenige Menschen, dessen Output (oder nenne es Kunst) solche gesellschaftliche Relevanz hat.
    Danke dir dafür. Um mit einem Postkartenspruch zu schließen: Sei einfach du selbst, alle anderen gibt es schon.
    Liebe Grüße aus Nürnberg

  • #21

    Sarah L. (Samstag, 22 Januar 2022 22:26)

    Lieber Hannes,
    Ich wünsche dir von ganzem Herzen erstmal eine gute Pause, Zäsur, wie auch immer. Und dann einen guten Weg dahin, deine Wünsche nach Verbundenheit wahrwerden zu lassen.
    Ich denk an dich und freu mich dass es dich gibt!
    Sarah

  • #22

    UJ (Samstag, 29 Januar 2022 11:50)

    Lieber Hannes,

    Ich bin über alte TV Noir Spaceman YouTube Videos auf dich aufmerksam geworden. Speziell die Version mit Eno Bunger "Phontonenkanonen" mit den Tischtennisbällen. Wirklich groß!
    Und so habe ich mir deine ganze Discographie angehört und dann noch deinen Blog entdeckt. Und deine Wandlung von Spaceman Spiff zu dir selbst.

    Großer Respekt!

    Beim Durchlesen des obigen Blogtextes sind mir viele Punkte sehr bekannt vorgekommen. Ich habe dabei immer wieder an ein wirklich wichtiges Buch zum Thema "Connections" gedacht: "Der Welt nicht mehr verbunden: Die wahren Ursachen von Depressionen - und unerwartete Lösungen" von Johann Hari.

    Falls du es noch nicht kennst, dann ist es definitiv ein Tipp.

    Geteiltes Leid ist auch scheiße …
    Aber nicht mehr ganz so schlimm

    Greetz, UJ

  • #23

    N aus H (Sonntag, 13 März 2022 18:41)

    Danke, das hat mich bereichert!

  • #24

    Lydia (Mittwoch, 10 August 2022 20:12)

    Danke
    Eigenwunderbar
    Danke